Was kann die Hotellerie umsetzen?
Die Hotellerie kämpft mit ihrem Ruf als Arbeitgeber: familienunfreundliche Arbeitsbedingungen, unplanbare Arbeitszeiten, streng hierarchische Strukturen und patriarchalische Familienkonstellationen mit wenig Aufstiegsmöglichkeiten. Das hat Folgen: 80 % der im Tourismus Ausgebildeten verlassen innerhalb von 10 Jahren die Branche wieder. Um in Zukunft Mitarbeiter für hochwertige Dienstleistungen zu gewinnen, wird auch ein Umdenken in der Führung notwendig sein.
Die Eckpfeiler des „New Work“-Ansatzes bieten dazu einige Anregungen. Dr. Marianne Grobner, Unternehmensberaterin und Autorin, die auch an der ÖHV-Unternehmer-Akademie lehrt, hat diese für Sie zusammengefasst.
Menschenbild: Problemlöser statt Problemmacher
Verabschieden Sie sich von der Grundhaltung, dass Mitarbeiter „desinteressierte Befehlsempfänger“ sind, die man ständig kontrollieren muss. Die Grundidee der so genannten „befreiten Unternehmen“ ist die Schaffung eines menschenwürdigen Arbeitsumfelds, in dem Mitarbeiter sich einbringen können, Verantwortung übernehmen und einen Sinn in ihrer Arbeit sehen.
Respektvolle Führung
Ein wertschätzender Umgangston ist Grundvoraussetzung für eine positive Beziehungsgestaltung und Unternehmenskultur. Der berühmte „raue Ton in der Gastronomie“ hat endgültig ausgedient. Die erfolgreiche Führungskraft ist Vorbild für den respektvollen Umgang miteinander und kann gut zuhören. Sie gibt nicht nur regelmäßig Rückmeldungen, sondern kann auch Feedback annehmen. Als Führungs-KRAFT lebt man Leidenschaft und Werte „kraftvoll“ vor und lädt dadurch zum Mitmachen ein.
Weniger Hierarchie: fragen statt sagen
Mitarbeiter wollen unabhängig von Erfahrung und Alter als gleichwertige Menschen gesehen und in Entscheidungen eingebunden werden. Will man den gemeinsamen Dialog und Mitverantwortung fördern, sind gute Moderation und Meeting-Strukturen notwendig. Man muss lernen, diese Zeit sinnvoll zu investieren: Ein einstündiges Meeting mit 8 Mitarbeitern entspricht einem vollen Arbeitstag. Der Return on Investment lohnt sich allerdings: Gemeinsam vereinbarte Ziele, Qualitätskriterien und Prinzipien für die Arbeit werden eher umgesetzt als „Anordnungen von oben“.
Vertrauen und Mit-Verantwortung
Mitarbeiter in Entscheidungen einzubeziehen, funktioniert nicht von heute auf morgen: Das erfordert einen Lernprozess für Führungskräfte und Team. Mitarbeiter müssen sich erst die notwendigen unternehmerischen Kompetenzen und den Umgang mit Kennzahlen aneignen. Eine Investition, eine Änderung der Öffnungszeiten oder Gehälter kann nur mitdiskutieren, wer die relevanten Fakten kennt und versteht. Die Geschäftsführung ist gefordert, den Mitarbeitern die Unternehmenszahlen offenzulegen, verständlich zu erklären und Transparenz über die Lage des Unternehmens zuzulassen.
Erfolgsbeteiligung
Bei „New Work“ gibt es auch den Ansatz „New Pay“: Dabei sind Mitarbeitende nicht nur mit-verantwortlich für den Unternehmenserfolg, sondern auch finanziell daran beteiligt. Der Trend sind Teamprämien. Dabei erhalten alle unabhängig von der hierarchischen Position die gleiche Prämie oder einen gewissen Promillesatz vom Betriebsergebnis. Auch hier ist Transparenz über Unternehmenszahlen Voraussetzung.
Lebensqualität
Junge Mitarbeiter wollen Arbeit und Leben in eine gesunde Balance bringen. Gerade Hotels können da punkten und hauseigene Fitnesseinrichtungen für Mitarbeiter öffnen, Lauftrainings oder Yogakurse auch für sie organisieren. Qualitativ hochstehende Verpflegung, die auch neue Ernährungsformen (vegetarisch, vegan, …) berücksichtigt, zählt ebenso dazu wie eine behagliche Mitarbeiterwohnung mit hochleistungsfähigem W-LAN und attraktiven Freizeiträumen.
Flexible Arbeitszeiten und Planung
Viele junge Menschen wollen einen Job, der die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Beruf und Studium ermöglicht. Flexible und individuelle Lösungen wie Teilzeit, Gleitzeit, Zeitkonten, Viertage-Woche, Homeoffice, Jobsharing und Betriebskindergarten sind gefragt. Das Eingehen auf diese Sonderwünsche lohnt sich, auch wenn bestehende Arbeitszeitgesetze und wechselnde Auslastung die Umsetzung nicht immer leicht machen.
Was denn noch alles?
Auch wenn Ihnen diese Ansätze vielleicht übertrieben vorkommen: Wenn Sie nicht auf ein Roboterhotel umstellen wollen, brauchen Sie qualifizierte Mitarbeiter. Gute Mitarbeiter und gute wirtschaftliche Leistung gehen Hand in Hand. Und zufriedene Mitarbeiter verbreiten in den sozialen Medien mit Hashtag ihren Ruf als Arbeitgebermarke. Lesen Sie es nach unter #lovemyjob.
Führung ist vor allem die Schaffung von Rahmenbedingungen, bei denen jeder einzelne Höchstleistungen für die Gäste bringen kann.