Wenn es um fehlende Mitarbeiter:innen geht, ist die Küche immer ganz vorne im Ranking mit dabei. Wir haben uns umgehört, mit welchen Lösungen Kolleginnen und Kollegen im F&B-Bereich arbeiten. Vielleicht passt ja der eine oder andere Ansatz – je nach Hotelgröße und angebotenen Verpflegungsleistungen.
Eine Produktionsküche für alle Pletzer-Betriebe
Die Pletzer-Gruppe hat im Hotel Walchsee eine Produktionsküche für alle 5 Resorts und 2 Berghütten eingerichtet. Von 4 Uhr früh bis mittags wird dort für die gesamte Gruppe produziert, ab 14 Uhr ist es eine Hotelküche wie viele andere auch. Wir haben mit Rene Benischek über die Vorteile dieses Konzepts gesprochen:
ÖHV: Welche Arbeiten passieren in der Produktionsküche und was wird in den Küchen der jeweiligen Resorts gemacht?
Rene Benischek: Ganz wichtig ist der zentrale Einkauf. Das bringt nicht nur Kostenvorteile und spart in den einzelnen Häusern Lagerfläche – damit ist auch sichergestellt, dass 90 % der Lebensmittel aus Österreich stammen (Ausnahmen sind Kaffee, Tee, Schokolade und andere Produkte, die in Österreich nicht produziert werden).
Vereinfacht gesagt machen wir dann für den Wochen-Menüplan das Mise en Place für jeweils 2 Suppen, 6 Hauptspeisen und 5 Desserts. Alles wird komplett frisch zubereitet und gekühlt ausgeliefert. Das heißt, in den einzelnen Küchen muss das Schnitzel nicht mehr geklopft, das Steak nicht mehr geschnitten und der Fisch nicht mehr ausgenommen werden. Der Koch vor Ort kann sich auf die frische Zubereitung der fertig zugeputzten Komponenten konzentrieren. Nur ausgewählte Speisen wie z.B. Blaukraut oder die Kaspressknödel für die Skihütten werden in der Produktionsküche fertig gekocht. Ein Salat- oder Frühstücksbuffet sowie Beilagen werden komplett in den jeweiligen Küchen vor Ort zubereitet.
ÖHV: Welche Ersparnisse bringt diese Produktionsweise?
Rene Benischek: Alleine an Mitarbeiterkosten sparen wir ca. 1 Mio. Euro/Jahr, weil 5 Resorts jetzt jeweils 4 Personen weniger in der Küche haben, in der Produktionsküche aber nur 12 Personen arbeiten. Auch beim Einkauf können wir Zeit und Geld sparen. Wir arbeiten mit dem Warenwirtschaftsprogramm Necta und haben die Lieferanten auf Transgourmet und einen Gemüselieferanten reduziert, was uns nicht nur Preisvorteile bringt, sondern auch die Lieferstopps von 45 auf 6 pro Woche reduziert hat. Zudem haben wir angesichts der Preissteigerungen manche Produkte auf Lager eingekauft und geben sie mit einem Aufschlag, der die Kosten für unseren LKW und Fahrer deckt, an die Resorts weiter. Im Zeitraum März bis Juni sind wir so mit einer durchschnittlichen Preissteigerung von 1,15 % durchgekommen, obwohl Fleisch um über 8 % und Fisch um über 9 % gestiegen ist. In den Resorts fallen zudem so gut wie keine Lebensmittelabfälle an – und in der Produktionsküche verarbeiten wir Fleisch-, Fisch- und Gemüse-Zuputzschnitte zu Fonds und Saucen. Aktuell liegt der Fokus natürlich auch auf dem Thema Energie sparen. Wir werden zum Beispiel zwei Kipper gegen Suppenkessel tauschen und den Vakumierer erneuern, was uns ca. 8.000 Euro/Jahr bringt.
ÖHV: Könnten auch einzelne Hotels so zusammenarbeiten?
Rene Benischek: Die Produktionsküche ist eine eigene Firma innerhalb der Pletzer-Gruppe. Die Resorts bekommen Rechnungen für alles, was wir liefern. Wir selbst betreuen keine Hotels außerhalb unserer Gruppe, aber grundsätzlich kann sich auch eine lose Gruppe von Hotels so organisieren und die Vorteile nutzen. Hier ist es enorm wichtig, dass der Start gut vorbereitet wird.
ÖHV: Vielen Dank für das Gespräch!
Kooperation über Unternehmensgrenzen hinweg
Wir bieten unseren Gästen ganztägig ein Genießerfrühstück und abends ein vegetarisches 3-Gänge-Menü, das auf Wunsch mit Fisch oder Fleisch angereichert werden kann. Für Veganer oder Allergiker kochen wir separat bzw. haben wir ganztägig auch immer kleine Alternativen parat. Das Menü bestelle ich morgens und hole es im 25 km entfernten Hotel Dachsteinkönig ab, wo es zu ca. 80 % gekocht und dann von uns fertiggestellt wird. Unsere Küche ist top-professionell ausgestattet (z.B. iCombi Pro und Merrychef) – das gewährleistet die hohe Qualität der Speisen und Spaß an der Arbeit. Wir haben keine fixen Küchen-Mitarbeiter:innen. Die Gäste können sich jederzeit Getränke und Snacks selber nehmen und über das speziell für uns programmierte Kassensystem selbst auf die Zimmerrechnung setzen lassen.
Unsere Gäste sind mit der Auswahl und der angebotenen Qualität hochzufrieden und schätzen es, an keine bestimmten Zeiten gebunden zu sein.
Dr. Silke Seemann, Lesehotel, Bad Goisern (40 Betten)
Schon beim Umbau des Hauses sind wir auf eine Satellitenküche umgestiegen, was verglichen mit einer klassischen Küche nur 10 % der Investition bedeutet hat.
Reduziertes Speisenangebot & flexible Mitarbeiter:innen
Wir bieten im Haus nur Frühstück und abends eine kleine Auswahl an Mahlzeiten an der Bar sowie Seminarverpflegung an. Die Küche hat nur einen Mitarbeiter – meinen Mann. Gekocht wird grundsätzlich mit frischen regionalen Zutaten, die Gerichte werden dann entweder in Gläsern eingeweckt oder tiefgekühlt. Seine Arbeitszeiten sind somit weitgehend frei einteilbar. Beim Frühstück gibt es Buffet und auf Wunsch Eiergerichte, Pancakes oder Porridge frisch. Buffet, frisch gekochte Gerichte, Service und Abwasch macht das 2-köpfige Frühstücks-Team bzw. am Wochenende das Rezeptions-Team, das die abwechslungsreiche Tätigkeit schätzt und gerne macht. Seminare betreuen wir je nach Größe und Essenswünschen selbst oder mit einem Catering-Partner.
Sophie Schick, Boutique Hotel Hauser, Wels (81 Betten, 4 Sterne, Business/Stadthotel)
Vorgefertigte Gerichte
Um eine konstant gute Produktqualität zu offerieren und gleichzeitig auf gelernte Fachkräfte in der Küche verzichten zu können, haben wir uns vor einigen Jahren für das Angebot von Equip entschieden. Equip produziert diverse Speisen (Suppen, Hauptspeisen, etc.) sowohl in Einzelverpackungen als auch in größeren Einheiten, die nicht nur für die eigenen Betriebe in der Wachau genutzt, sondern auch als einfach aufzubereitende Speisen an Partner vertrieben werden. Mit Hilfe des Schockfrost-Verfahrens werden die Gerichte vakuumiert und langfristig haltbar gemacht. Die einzelnen Portionen können mit wenig Aufwand und Material fertig gestellt werden. Hierbei muss das abgepackte Produkt lediglich 10 Minuten im kochenden Wasser aufgetaut, dann geöffnet und anschließend angerichtet werden.
Felix Neutatz, Boutique Hotel am Stephansplatz, Wien (114 Betten, 4 Sterne)
Mit Produkten von Equip sind gleichbleibende Qualität und geschmacklich hochwertige Speisen für unser kleines Café verfügbar, ohne dafür eine Küchenmannschaft eingestellt zu haben.
Frühstücksbuffet
In unseren B&B HOTELS bieten wir Rooms only auf Wunsch mit Frühstück an. Da nicht gekocht wird, kann im Vorfeld auf eine Gastro-Küche, Fettabscheider, Lüftung, Kühlzellen und im Nachgang auf Koch/Köchin verzichtet werden. Nicht nur Mitarbeiter:innenkosten sondern auch Investitionskosten halten sich dadurch in Grenzen. Wurst und Käse werden geschnitten geliefert und müssen lediglich auf Platten vorbereitet werden. Backwaren werden täglich frisch von einem regionalen Bäcker geliefert - kein Aufbacken mehr notwendig. Das Buffet wird sehr smart geplant, um einen effizienten und vor allem schlanken Mitarbeiter:innenaufwand zu gewährleisten: Das gesamte Buffet kann von hinten gefüllt werden; auf Knopfdruck öffnet oder schließt sich das Buffet hinter einer Trennwand. Da wir ausnahmslos mit Vorauszahlung - spätestens bei Check-in - arbeiten, Rechnungen sofort ausgegeben werden und kein physischer Schlüssel ausgegeben wird, gibt es keinen Check-out im klassischen Sinne. Das bedeutet keine Menschenschlange am Morgen zum Check-out. Der/die Mitarbeiter:in an der Rezeption kann sich unter anderem um das Frühstück kümmern und bei geringer Belegung auch alleine ohne Frühstückskraft bewältigen. Tablettwagen-Stationen im Frühstücksbereich sorgen zusätzlich dafür, dass Gäste die Tische zu einem großen Teil selbst abräumen.
Hermann Pacher, B&B Hotel Graz City-Süd (167 Betten), B&B Hotel Graz Hauptbahnhof (157 Betten)
Nur einer von 1.000 ÖHV-Vorteilen!
Produktion für den Müll geht gar nicht
Das Hotel Guglwald verwöhnt seine Gäste mit erstklassiger, regionaler Kulinarik – und das vom Frühstück, über das Wellnessbuffet am Nachmittag bis hin zum abendlichen Gourmetdinner. Mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt sich Küchenchef Julian Weiß hier schon lange. Im Rahmen einer Analyse durch „United against Waste“ wurde intensiv getüftelt, um Lebensmittelabfälle speziell beim Wellnessbuffet zu verringern oder gar zu vermeiden. Schließlich kam die Idee auf, die Kuchenstücke am Nachmittagsbuffet etwas kleiner zu halten. So haben die Gäste die Gelegenheit, sich durch die Kuchenvariationen zu probieren, während so wenig Kuchen wie möglich im Müll landet. Dieser kreative Lösungsansatz ist nicht nur ressourcenschonend, sondern kam auch bei den Gästen gut an, da lieber verschiedenste kleine als ein großes Kuchenstück probiert wird.
Alexander Pilsl, Hotel Guglwald, Guglwald (152 Betten)
Noch mehr Inspiration zum Thema (Prozess)Küche:
- Mehr Effizienz in der Hotelküche, Einblicke von einem klassischen Küchenausstatter, einem Komplett-Anbieter von Prozessküchen und einem Gerätehersteller
- „Die Stimmung ist entspannt wie nie“
Umstellung auf Prozessküche im Hotel „das Innsbruck“ - Was tun, wenn Köche und Serviceleute fehlen? – Küchencoach Benedikt Zangerle
- Mit Innovation und Marke gegen Personalknappheit - Hotel Goldenes Schiff
(„die lobby“ 04/2021 ab Seite 30) - Küche ohne Küchenchef im Luxury-Hotel Sans Souci
- Convenience: Heiland oder Teufelszeug?
("die lobby" 03/2022, S. 26)