Unser Experte Moritz Am Ende von sms.law (Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte) hat zusammengefasst, was es bedeuten kann, wenn Verträge mit Reisebüros und Reiseveranstaltern z.B. mangels Köchinnen und Köchen nicht vertragsgemäß erfüllt werden können. Die folgenden Einschätzungen betreffen einen konkreten Fall, wo es um Buchungen von Übernachtungen für Gruppenreisen durch ein österreichisches Reisebüro ging. Der Teil der Leistung, der mutmaßlich nicht erbracht werden kann, sind die Mahlzeiten bei der Halbpension. Im konkreten Fall wurden keine AGB vereinbart (auch keine ABGH). Bitte beachten Sie, dass anders gelagerte Fälle abweichend zu beurteilen sein könnten:
Eine wirkliche "Lösung" für die beschriebene Situation gibt es aus juristischer Sicht nicht. Der Betrieb ist eine vertragliche Verpflichtung eingegangen, und diese hat er aus rechtlicher Sicht zu erfüllen. Kann er das nicht, drohen Konsequenzen von Kündigung durch die Vertragspartner:innen, über Minderung des Beherbergungsentgelts bis zu Schadenersatzforderungen. Eine Berufung des Betriebs auf höhere Gewalt, wirtschaftliche Unmöglichkeit o.ä. ist wenig erfolgversprechend, weil das Organisieren und Bereitstellen ausreichenden Personals in den Kernbereich der Verantwortung der Unternehmer:innen gehört. Ein schwieriger Arbeitsmarkt wird wohl nicht als (rechtlich relevanter) Entschuldigungsgrund herhalten können.
Gewährleistungsansprüche
Im Ergebnis dürften die Reisebüros als Vertragspartner:innen des Betriebs zunächst einmal Gewährleistungsansprüche geltend machen können, d.h. insbesondere nach den §§ 922 ff ABGB zwischen Preisminderung und Auflösung des Vertrages wählen können. Dabei ist davon auszugehen, dass das Fehlen der zugesagten Mahlzeiten als durchaus schwerwiegender Mangel anzusehen sein wird, der eine Vertragsauflösung rechtfertigt, weil es sich bei den Mahlzeiten für die Kundinnen und Kunden des Reisebüros gem § 4 Abs 1 Z 1 lit d PRG um eine wesentliche Eigenschaft der Reiseleistung handelt. Wenn der Mangel bereits bekannt bzw. absehbar ist, wird außerdem § 377 Abs 5 UGB Anwendung finden, wonach das Reisebüro die normalerweise anwendbare Frist zur Mängelrüge nicht wird beachten müssen.
Schadenersatzforderungen
Weiters muss sich der Betrieb, wenn der Vertrag letztlich nicht wie vereinbart durchgeführt werden sollte, auf Schadenersatzforderungen gefasst machen. Da beide Vertragspartner:innen Unternehmer:innen sind, ist im Falle eines Schadenersatzanspruches gem § 349 UGB stets der Erfüllungsschaden zu ersetzen, das heißt die Reisebüros sind vom Mitgliedsbetrieb so zu stellen, wie wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Mögliche Schäden könnten z.B. Aufwendungen für Ersatzbeschaffungen durch die Reisebüros umfassen (wenn diese versuchen, die eigenen Verpflichtungen gegenüber den eigenen Kundinnen und Kunden auf andere Weise zu erfüllen), oder – falls auch das Reisebüro letztlich die Reise nicht wie mit den Endksonsument:innen vereinbart erbringen kann – Schäden, die das Reisebüro dadurch erleidet, dass die Reisenden Gewährleistungs- und/oder Schadensersatzansprüche geltend machen. Schadenersatzansprüche der Reisenden könnten wiederum z.B. durch Ersatzbeschaffungen begründet werden (die Gäste gehen selber in einem anderen Restaurant essen, falls die Reiseveranstalter;innen nicht selbst für Ersatz sorgen) und/oder auch immaterielle Schadenersatzansprüche für entgangene Urlaubsfreude umfassen. Je "spontaner" solche Ersatzbeschaffungen organisiert werden (müssen), desto größer dürfte die Gefahr sein, dass die dadurch entstehenden Kosten – und damit letztlich der vom Mitgliedsbetrieb zu ersetzende Schaden – möglicherweise signifikant über die Kosten hinausgehen, die dem Betrieb durch die Eigenerbringung der Leistung entstanden wären.
Was kann ein Betrieb tun?
Vor diesem Hintergrund sollte zunächst alles versucht werden, um die versprochene Leistung doch noch erbringen zu können - notfalls unter Zuziehung externer Lieferantinnen und Lieferanten.
Falls das absehbar trotz aller Bemühungen nicht möglich sein sollte, ist es letztlich eine unternehmerische Entscheidung, wie man mit dieser Situation umgeht. Im Zweifel dürfte es besser sein, die Problematik möglichst frühzeitig mit den unmittelbaren Vertragspartnerinnen und -partnern zu besprechen und zu versuchen, bereits vorab (möglichst kostensparende) einvernehmliche Lösungen zu finden. In diesem Fall läuft der Betrieb zwar Gefahr, Buchungen zu verlieren (falls ein Reisebüro sich entscheidet, den Vertrag aufzulösen und eine andere Unterkunft zu suchen). Allerdings könnte der Betrieb dann immer noch versuchen, die Zimmer erneut (diesmal ohne Halbpension) zu vermarkten. Vor allem könnte so das Risiko kostspieliger Last-Minute-Ersatzbeschaffungen, auf deren Auswahl (und damit Kosten) der Betrieb schlussendlich kaum noch Einfluss nehmen könnte, hoffentlich reduziert werden. Auch im Hinblick auf den ebenso drohenden Reputationsschaden dürfte eine solche Herangehensweise immer noch besser sein, als Kundinnen und Kunden ins offene Messer laufen zu lassen.