Abwicklung der COFAG
Auf Grund des Erkenntnisses des VfGH vom 05. Oktober 2023 zu G 265/2022 mit welchem einige Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes mit Ablauf des 31.10.2024 aufgehoben wurden, wurde seitens des Nationalrates am 03.07.2024 das COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz (COFAG-NoAG) beschlossen.
Mit diesem Gesetz hat der Nationalrat nunmehr die Auflösung der COFAG beschlossen - dieses COFAG-NoAG wird demnächst kundgemacht und in Kraft treten.
Das Gesetz regelt, dass die COFAG mit Ablauf des 31.07.2024 aufgelöst und liquidiert wird und die der COFAG obliegenden Aufgaben ab 01.08.2024 auf den Bund übergehen und von diesem wahrzunehmen und durch den Bundesminister für Finanzen zu vollziehen sind.
Weiters wird geregelt, dass für zu Unrecht erhaltene finanzielle Leistungen ab 01.08.2024 ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch besteht, welcher mit Bescheid gemäß den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) durchzusetzen ist, der noch bestehende Anspruch auf Gewährung einer Förderung jedoch weiterhin ein zivilrechtlicher Anspruch bleibt, der im Gerichtswege durchzusetzen ist.
Nachdem die COFAG mit Ablauf des 31.07.2024 aufgelöst wird, raten wir daher – sofern Sie noch offene Ansprüche aus den Förderinstrumenten haben – eine Klage gegen die COFAG auf Auszahlung des Förderbetrages noch vor dem 31.07.2024 einzubringen.
Rechtsübergang
Unter § 6 COFAG-NoAG ist vorgesehen, dass sämtliche Rechte und Pflichten der COFAG aus Förderverträgen mit 01.08.2024 unverändert auf den Bund übergehen und daher auch sämtliche von den Vertragspartnern gegenüber der COFAG übernommenen Verpflichtungen ab 01.08.2024 gegenüber dem Bund unverändert bestehen.
Für bereits vor dem 01.08.2024 anhängig gemachte Gerichtsverfahren betreffend Ansprüche aus Förderanträgen, Förderverträgen oder Rückforderungen aus diesen, ist im COFAG-NoAG vorgesehen, dass der Bund von Gesetzes wegen an die Stelle der COFAG eintritt. Die Parteienbezeichnung in anhängigen Gerichtsverfahren ist von Amts wegen zu berichtigen.
Sollten Sie daher bereits eine Klage gegen die COFAG auf Ausbezahlung von Förderbeträgen eingebracht haben oder noch bis zum 31.07.2024 einbringen bzw. von der COFAG auf Rückzahlung geklagt worden sein, so werden diese Gerichtsverfahren vor den Zivilgerichten weitergeführt werden (anstatt der COFAG wird dann der Bund in das Gerichtsverfahren eintreten).
Rückforderungsansprüche
Im COFAG-NoAG ist vorgesehen, dass Rückerstattungsansprüche ab 01.08.2024 öffentlich-rechtliche Rückerstattungsansprüche sind und die Rückerstattung daher vom zuständigen Finanzamt (das auch für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständig ist) mit Bescheid festzusetzen ist sowie die Verjährungsfrist 10 Jahre beträgt (die Verjährungsfrist beginnt frühestens mit 01.08.2024 zu laufen).
Achtung: Rückerstattungsansprüche werden mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Festsetzungsbetrages fällig und stellen einen vollstreckbaren Exekutionstitel dar!
Unter § 18 Abs 3 des COFAG-NoAG ist auch vorgesehen, dass, soweit für die Entscheidung über die Rückerstattung ein Verfahren über die Zuerkennung oder die Rückforderung von Bedeutung ist, die Behörde bei ihrer Entscheidung den Ausgang des Verfahrens abzuwarten und diesen ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen hat.
Das bedeutet, dass – sofern Sie eine Klage gegen die COFAG auf Ausbezahlung eines noch offenen Förderbetrages eingebracht haben – die Behörde diese Klage bzw. dieses Gerichtsverfahren aufgrund dieser Klage jedenfalls bei der Entscheidung über die Rückerstattung zu beachten und die Entscheidung abzuwarten hat.
Problematik Miete/Pacht - tatsächliche Nutzbarkeit entscheidend
Im COFAG-NoAG ist unter § 3 vorgesehen ist, dass die tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandsobjektes in jenen Zeiträumen, in welchen der Antragsteller direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, für den Umfang der Auszahlung von finanziellen Maßnahmen und für die Höhe eines allfälligen Rückforderungs- oder Rückerstattungsanspruchs maßgeblich ist. Ausgeführt ist weiters, dass die tatsächliche Nutzbarkeit auch auf der Grundlage des Umsatzausfalles, der für das Bestandobjekt vom Antragsteller oder Vertragspartner nachzuweisen ist, berechnet werden kann.
Aufgrund eines Abänderungsantrages wurde im COFAG-NoAG eine diesbezügliche Klarstellung in § 3 Absatz 7 eingefügt, wonach eine tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandobjektes jedenfalls nicht gegeben ist, soweit dem Antragsteller gegenüber dem Bestandgeber nach den §§ 1104 und 1105 ABGB ein Anspruch auf Bestandzinsminderung zugestanden ist oder im Falle einer davon abweichenden Vereinbarung zugestanden wäre. Im Hinblick auf diese Klarstellung kommt es daher bei der Beurteilung ob und in welchem Ausmaß Bestandzinse Fixkosten iSd einschlägigen Förderbestimmungen darstellen, eine wesentliche Bedeutung zu, ob ein Pacht- oder ein Mietverhältnis vorliegt sowie ob das Bestandobjekt zur Gänze unbrauchbar war und nur eingeschränkt brauchbar war.
Im Umkehrschluss bedeutet dies unseres Erachtens für Pachtverhältnisse – da dem Pächter bei einem über 1 Jahr laufenden Pachtverhältnis bei teilweiser Nutzbarkeit seiner Pachtobjekte gemäß § 1105 ABG (anders als die Mieter) kein Anspruch auf Bestandzinsminderung zusteht – dass keine Verletzung der Schadenminderungspflicht vorliegen wird, wenn keine Reduzierung des Pachtzinses erreicht werden konnte und daher der gesamte Pachtzins als Bemessungsgrundlage für den zu errechnenden Anspruch auf Fixkosten heranzuziehen ist.
Miete & Pacht
Zur Frage der Anrechenbarkeit vonPachtzinsen sind mehrere Verfahren anhängig, inklusive vor dem Verfassungsgerichtshof (Gz V 345/2023).
Verjährung
Noch nicht durch Judikatur geklärt ist die Frage, welche Verjährungsfristen auf Forderungen auf Auszahlung von COVID-19 Fördermaßnahmen gegen die COFAG zur Anwendung kommen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gericht hier die kurze dreijährige Verjährungsfrist zur Anwendung bringt. Als möglicher Zeitpunkt des Verjährungsbeginns kommt insbesondere das Datum der Antragstellung in Betracht. Die Frage einer möglichen Verjährung sollte daher bei der Entscheidung darüber, ob und vor allem wann allfällige Klagen wegen unterbliebener Auszahlung von Förderungen erhoben werden, mitberücksichtigt werden. Eine höchstrichterliche Klärung aller offenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Themenkomplex COVID-19-Förderungen vor Ablaufen einer möglichen dreijährigen Verjährungsfrist erscheint höchst unwahrscheinlich.
Spätanträge
Wir erinnern daran, dass Ergänzungs- und Umwidmungsanträge nach den Spätantragsrichtlinien (BGBl. II Nr. 348/2023 idF BGBl. II Nr. 435/2023) nur bis zum 01. April 2024 gestellt werden können (Pkt 4.6 Spätantrags-RL). Die Spätantragsrichtlinien ermöglichen eine Sanierung von Anträgen auf finanzielle Maßnahmen gemäß RL Verlustersatz III sowie RL Ausfallsbonus III, die erst nach dem 30. Juni 2022 bei der COFAG eingelangt sind ("Spätanträge"). Dies betrifft sowohl Spätanträge, zu denen Auszahlungen bereits erfolgt sind ("Umwidmungsanträge"), als auch Spätanträge, zu denen Auszahlungen noch nicht erfolgt sind ("Ergänzungsanträge").
Uns wurde berichtet, dass die COFAG sich unter Berufung auf Punkt 1.7 der Spätantragsrichtlinien weigert, Anträge von Unternehmen entgegenzunehmen, wenn eine Überschreitung einer Konzernobergrenze innerhalb des Unternehmensverbundes vorliegt. Die Konzernobergrenzen liegen bei insgesamt 2,3 Mio. Euro bei Maßnahmen nach Abschnitt 3.1 des Befristeten Rahmens und bei insgesamt 12 Mio. Euro bei Maßnahmen nach Abschnitt 3.12 des Befristeten Rahmens. Es scheint aber möglich bzw. sogar wahrscheinlich, dass auch Punkt 1.7 der Spätantragsrichtlinien verfassungswidrig ist.
Betroffene Betriebe sollten daher in Betracht ziehen, zur Wahrung allfälliger Ansprüche auf Entgegennahme ihrer Anträge zu bestehen, auch wenn diese höchstwahrscheinlich (zunächst) abschlägig beschieden würden.
Verbundene Unternehmen
Mittlerweile gibt es die "Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien zur Umwidmung von Obergrenzen überschreitenden Beihilfen der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) in einen Verlustersatz, einen Schadensausgleich oder eine De-minimis-Beihilfe" (hier kurz "Richtlinien").
Die Richtlinien decken vor allem folgende Fälle ab:
- Variante 1: Beihilfen wurden in Überschreitung einer Obergrenze beantragt und ausgezahlt, und wären sohin ohne Umwidmung aus unionsrechtlicher Sicht formell rechtswidrig: Die Richtlinien erlauben eine Legalisierung. Somit kann eine Rückzahlung (ganz oder in Teilen) gesichert vermieden werden; zu einer Auszahlung weiterer Mittel kommt es nicht.
- Variante 2: Beihilfen wurden beantragt und nur deshalb nicht ausgezahlt, weil es bei anderen Beihilfen eine Überschreitung der Obergrenzen gab. Hier käme es gleichzeitig zu einer Legalisierung der Überförderung und zu einer Auszahlung des dann noch zustehenden (ggf. nur noch: Teil-)Betrags. Angemerkt wird, dass die bisherige Praxis der Verweigerung der Auszahlung zustehender Ansprüche nach Ansicht des Verfassers rechtswidrig ist.
- Aus Sicht des Verfassers unklar ist das Verhältnis zur Spätantragsrichtlinie in den Fällen, in denen deshalb kein Spätantrag gestellt wurde, weil eine Antragsberechtigung aufgrund einer – nunmehr sanierbaren – Überschreitung einer Obergrenze nicht gegeben war. Grundsätzlich soll eine Umwidmung zwar auch im Zusammenhang mit einem Spätantrag möglich sein. Vorausgesetzt wird ein "aufrechter" Spätantrag. Die Frist für die Stellung von Spätanträgen ist aber bereits abgelaufen. Im Zweifel sollte zur Wahrung allfälliger Ansprüche ein Antrag gestellt werden (aber siehe auch unten).
Systematik:
- Grundsätzlich sollen Überschreitungen der Obergrenze in Höhe von 2,3 Mio. Euro bei Maßnahmen im Sinne von 3.1. des Befristeten Rahmens (Ausfallbonus, Umsatzersatz, FKZ 800.000) soweit möglich – d.h. insbesondere bis zur Höhe der Obergrenze in Höhe von 12 Mio. Euro – zunächst in einen Verlustersatz umgewidmet werden.
- Soweit dies nicht möglich ist (insbesondere, weil der Höchstbetrag ausgeschöpft wurde), kann eine Umwidmung zu einem Schadensausgleich beantragt werden. Antragsberechtigt sind insbesondere Betriebe, bei denen eine Lockdown-Maßnahme de iure oder de facto zur Einstellung des Geschäftsbetriebs oder der wirtschaftlichen Tätigkeit eines konkret abtrennbaren Teils der Tätigkeit führte. Ob auch Hotelbetriebe anspruchsberechtigt sind, die trotz Betretungsverbot weiterhin (etwa für Geschäftsreisende) geöffnet hatten, wird sich erweisen müssen. Unseres Erachtens wäre dies aber bei Umsatzverlusten von mehr als 80 % zu bejahen.
Der Schaden iSd Richtlinien entspricht dem Verlust iSd Verlustersatz-Verordnungen abzüglich aller Beihilfen innerhalb der Obergrenzen, die erhalten wurden oder zu gewähren wären; sowie aller allenfalls nicht schon beim Verlustersatz berücksichtigten zusätzlichen Einnahmen aus Ersatztätigkeiten. Ersatzfähig für die Zwecke der Umwidmung ist dieser Schaden, soweit er nicht auf allgemeine Umsatzverluste aufgrund des pandemiebedingten gesamtwirtschaftlichen Nachfragerückgangs zurückzuführen ist; bei Beträgen bis zu 4 Mio. Euro soll dies in Form eines pauschalen "Haircuts" iHv 5 % berücksichtigt werden. Bei höheren Beträgen soll der "Haircut" vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung im Zweifel 20 % betragen. - Wenn und soweit eine Umwidmung als Verlustersatz und/oder als Schadensausgleich nicht möglich ist, sehen die Richtlinien noch die Möglichkeit einer Umwidmung in eine De-Minimis-Beihilfe (allgemeine Obergrenze 300.000 Euro abzüglich aller in den vergangenen drei Jahren bereits erhaltener De-Minimis-Beihilfen) vor.
Achtung:
- Bevor Anträge gestellt werden, sollten die Betriebe auch das "Kleingedruckte", insbesondere in Abschnitt 9 der Richtlinien, beachten, wo aus Sicht des Verfassers einige potenzielle "Giftpillen" versteckt sind. Aus Sicht des Verfassers fällt u.a. auf, dass das Finanzministerium einerseits davon auszugehen scheint, dass bei Überschreitung der Obergrenzen ein Rückforderungsanspruch bestehe (was nach Ansicht des Verfassers durchaus fraglich ist), anderseits sollen sich Antragsteller aber verpflichten, solche lediglich formell rechtswidrige Beihilfen zurückzuzahlen. Insofern ist nach Ansicht des Verfassers nicht ausgeschlossen, dass durch die Stellung eines solchen Antrags ein Rechtsgrund für Rückzahlungspflichten überhaupt erst geschaffen würde (entsprechende Regelungen fanden sich auch bereits in der Spätantragsrichtlinie). Ob eine solche Vorgehensweise – wie auch einige andere Details des Verordnungsentwurfes – verfassungskonform ist, sei hier dahingestellt.
- Sollte der derzeit im Nationalrat beratene Entwurf eines COFAG-Neuordnungs- und Abwicklungsgesetz beschlossen werden, wäre aus Sicht der betroffener Betriebe besonders misslich, dass das zukünftig (und auch nach diesem Richtlinienentwurf) zuständige Finanzamt Rückforderungen schlicht mit Bescheid festsetzen und vollstrecken könnte, während allfällige Gegenansprüche von den Betrieben erst dann aufgerechnet werden können sollen, wenn vor den Zivilgerichten ein rechtskräftiger und vollstreckbarer Titel erwirkt wurde.
Neuanträge müssen bis 31. Oktober 2024 erfolgen und Steuerberater:innen, Wirtschaftsprüfer:innen oder Bilanzbuchhalter:innen sind beizuziehen.
Alle betroffenen Unternehmen werden kontaktiert und erhalten einen Link zur Antragstellung.
Anträge sollen ab Juli von der Finanzverwaltung bearbeitet werden.
Steuerliches Wohlverhalten als Voraussetzung unzulässig
Der VfGH hat entschieden, dass der Ausschluss von „Steuersündern“ aus dem Kreis der Berechtigten zwar dem Grunde nach ein legitimes politisches Anliegen des Verordnungsgebers sei. Weil der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber nicht bestimmt habe, wie lange das Steuervergehen zurück liegen müsse, und somit bei lang laufenden Verfahren auch längst vergangene Sachverhalte zum Ausschluss der Förderung führen könnten, hob der VfGH die Bestimmung aber aufgrund Unsachlichkeit/Gleichheitswidrigkeit mit Wirkung zum 15. April 2024 auf ( G 172/2022).
Grundsätzlich könnten betroffene Unternehmen demnach versuchen, die Förderung zu erlangen, nachdem die Aufhebung am 15. April 2024 in Kraft tritt - insbesondere solche Betriebe, die innerhalb der Antragsfrist einen Antrag gestellt hatten.
Hintergrundinfos
Mag. Markus Dax und Mag. Moritz Am Ende sind niedergelassene europäische Rechtsanwälte und Partner bei Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte, die Teil des ÖHV-Beraternetzwerkes sind. Sie beraten die ÖHV und heimische Hotelbetriebe zu Fragen der COVID-19-Fördermaßnahmen. Hier finden Sie seine Ausführungen zum Thema Behandlung von Pachtverträgen durch die COFAG.