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2. Kongresstag Graz
Kongress

2. Kongresstag Graz

Wie können und möchten wir die Zukunft des Tourismus gestalten? Diese Frage stand am 2. Kongresstag im Mittelpunkt.

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Dienstag, 16. Apri 2024

Dienstag, 16. Apri 2024

Die Fähigkeit, „bessere Probleme“ zu haben

Es geht um die Lebendigkeit, mit der wir auf ein Projekt schauen, leitete Anders Indset, Wirtschaftsphilosoph und einflussreicher Denker aus Norwegen, seine Ausführungen ein. Durch produktives Nachdenken über die Zukunft können wir zu „besseren Problemen“ kommen. Die Technologie für eine bessere Welt sei da, man muss sie nur nützen. Auch Energie ist genug da, problematisch ist lediglich die Verteilung.

Erfolg haben Menschen, die „für etwas brennen“. Als Voraussetzung sieht Indset folgende Punkte, die er gerne in einem von ihm so genannten „Wikinger Kodex“ zusammenfasst: Früh aufstehen, Selbstvertrauen, Verantwortung für Entscheidungen zu 100 Prozent übernehmen, Mikroambition (Vision schrittweise verwirklichen), mit Klarheit, Vertrauen und Mitgefühl zuhören, „Dugnad“ (norwegisch für „Ehrenamtlichkeit“: ich bin, weil Du bist), Freude bewahren und Wille zur Arbeit am Fortschritt. So könnte eine Welt gelingen, die Arbeit und Leistung und Fortschritt schätzt.  

Eine signierte Ausgabe des "Wikinger Kodex" können Sie hier bestellen.

 

 

„Alarmstufe rot“ für das Weltklima

Messwerte, die es noch nie gab, liefert das Wetter derzeit am laufenden Band, vom frühesten „30er“ aller Zeiten anfangs April 2024 bis zur Rekordschmelze der Gletscher. Österreich ist mit plus zwei Grad stärker betroffen als das globale Mittel, der Schneemangel setzt den Schigebieten kräftig zu. „Klimawandel ist kein Thema, das ganz weit weg ist. Wir haben es nur noch nicht ganz begriffen“, erklärte ORF-Wettermoderator Marcus Wadsak. Nur wenn der Anstieg unter zwei Grad liegt, lässt sich die Situation noch einmal stabilisieren. „Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt und zugleich die letzte Generation, die noch etwas dagegen tun kann“.

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Es wird auch in Zukunft Schifahrer:innen geben

Österreich zählt rund 50 Millionen Schifahrertage im Jahr. Der Wintersport ist damit ein unverzichtbarer Impulsgeber für den Tourismus in den Regionen. Aber auch der Tourismus werde sich unweigerlich anpassen müssen, von Fragen der (Anreise-)Mobilität bis hin zur Küche, betonte Wadsak.

Genau zu dieser brisanten Entwicklung gab es gleich anschließend eine engagierte Podiumsdiskussion im Stefaniesaal. Unter dem Motto „Zukunft Wintertourismus“ diskutierten Judith Grass, GF Golm Silvretta Lünersee Tourismus, Markus Redl, GF von ecoplus Alpin, die Chefin der Österreich Werbung, Astrid Stehharnig-Staudinger und Meteorologe Marcus Wadsak. Daraus einige Zitate: „Trotz aller Schwierigkeiten war Beschneiung bisher immer möglich“, „Wir können technisch viel schaffen“, „Die Branche wird technisch immer nachhaltiger“, „90prozentiger Anteil von erneuerbarer Energie im Schigebiet Golm Silvretta“, „Nur 0,45 Prozent der Alpen sind Schigebiet. Genau das ist es, was anderen Gebieten Schutz ermöglicht“, „Starker Sturm hat zuletzt Schigebiete mehrmals lahmgelegt“, „Bei der Anreise tut sich schon etwas. Es geht jetzt darum, die vielen guten Initiativen an die Öffentlichkeit zu bringen“, „Wir unterschätzen oft, was wir in drei, vier, fünf Jahren alles gemeinsam schaffen können“, und „Es wird auch in Zukunft Schifahrer geben“.

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Investieren und Kreditvergaben nach Kriterien der Nachhaltigkeit

Über "Zukunft Green Finance" diskutierten in einer parallelen Debatte Matthias Matzer, Geschäftsführer Österreichische Hotel- und Tourismusbank, Hermann Retter, Retter Bio-Natur Resort und Petra Stolba, Kabinettchefin des 1. Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments unter der Moderation von Daniel Nutz, Redaktionsleiter Börsianer Grün. Rede und Antwort stehen müssen mittlerweile auch kleine Unternehmen, die einen Kredit wollen – etwa zu ihrem primären Energiebedarf oder ihrem Abfallaufkommen. Doch Matzer beruhigte gleichzeitig. Es sei nicht so, dass die ÖHT nur noch grün finanziere. “Aber alte Technologien sind nicht mehr förderwürdig – wo immer es möglich ist, soll man schauen, dass man auf erneuerbare Energien umstellt”, betonte er aber auch.

“ESG ist kein weiteres Bürokratie-Monster”, versicherte Stolba. Die Mühe und der Aufwand seitens der Unternehmen lohne sich letztlich auch finanziell. “Es ist tatsächlich eine Einsparung, es geht um Effizienzen – mit diesen Berechnungen schaffen wir signifikante Einsparungen”, sagte die Tourismus-Expertin.

Hermann Retter beschäftigt sich in seinem Betrieb bereits seit Jahren mit nachhaltigem Wirtschaften. “Wir leben nun mal von der Nachfrage und von unseren Kunden und ich glaube, von dort kommt der stärkere Druck”, sagte der Hotelier. Betreffend ESG vermisst er aber “klare Regeln, auf die ich mich verlassen kann”, eine Zertifizierung mit klaren Vorgaben. Derzeit sei etwa ganz unpräzise ein “angemessener” Anteil an Biolebensmitteln gefordert. Derzeit behelfe sich die Branche mit dem Österreichischen Umweltzeichen und der Biozertifizierung als Orientierung. “Aber es braucht schon auch bitte was, wonach sich die Branche richten kann.”

Auch ins Publikum wurde gefragt, wer sich bereits mit einer Nachhaltigkeits-Berichterstattung beschäftigt hat, was bei den meisten Teilnehmer:innen (66 %) bereits der Fall war, wobei aber erst 24 % einen Nachhaltigkeitsbericht publiziert haben.

Erfolgreiche Unternehmerinnen

Der nächste Programmpunkt war der Vorstellung unternehmerischer Ideen und deren Umsetzung durch engagierte Unternehmerinnen gewidmet. Diese berichteten in persönlichen Worten, wie sie die Betriebe aufgebaut und mitgestaltet haben, für die sie stehen und in denen sie heute erfolgreich sind. Stefanie Aniwanter, Gastgeberin in Millstatt, zeichnete die Entwicklung der Hotelmarke vom „Hotel Forelle“ zum „Haus Seeglück Hotel Forelle“ nach. Sie rät, sich mit der Marke zu  beschäftigen und diese als Reflexionspunkt zu nehmen, um sich zu erden. Gut sei es, einen Berater zu nehmen, da man sich ansonsten leicht verzettelt. Tina Neudegger, Gastgeberin im Nesslerhof in Großarl, erzählte, wie sie 2007 „einfach losgelegt hat“. Ganz ohne Markenentwickler habe sie zur Marke „Gästeflüsterer“ gefunden. Dies habe gut eingeschlagen. „Jetzt sind wir so wie wir sein wollen“. Als dritte Gestalterin am Podium stellte sich Eveline Wild vor, die als Konditorweltmeisterin, Fernsehköchin und Gastgeberin in „Der Wilde Eder“ in St. Kathrein am Offenegg dem Publikum einiges darüber erzählen konnte, wie es bei ihr gelaufen ist.

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Leben bedeutet Risiko

Es ist schon Tradition bei den ÖHV-Kongressen, zum Abschluss der Tagung einen speziellen Vortrag anzusetzen, der geeignet ist, bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern besondere Emotionen auszulösen und vielen dadurch in Erinnerung zu bleiben. 2024 in Graz war es die „Mutmacherin“ Miriam Höller, die anhand einer packenden Schilderung ihres von Höhen und Tiefen durchzogenen Lebens eindrucksvoll zeigte, wie man mit Schicksalsschlägen umgehen kann.

Die sportliche Frau erlebte als „Stunt-Frau“ eine steile Karriere, bis sie von einem Tag auf den anderen durch schwerste Verletzungen nach einem Helikopter-Stunt aus der Erfolgslaufbahn geworfen wurde. Nur wenige Tage darauf verunglückte ihr dynamischer Lebenspartner, der Stuntpilot Johannes Arch. Doch wie sie es geschafft hat, an diesen Ereignissen nicht zu verzweifeln und sich mit eiserner Disziplin neu auszurichten, erzählt sie auf eine bewegende Weise. Heute ist sie als Speakerin für Resilienz, Mut und Veränderungsbereitschaft sowie als Buchautorin erfolgreich.

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Dank und Ausblick - Wiedersehen in Innsbruck!

Rund 600 Personen zog der ÖHV-Kongress 2024 in seinen Bann. Es waren zweieinhalb interessante Tage mit einem weit gespannten Themenbogen, von Arbeitsmarkt über Nachhaltigkeit bis zu eindrucksvollen Beispielen persönlichen Engagements, resümierte Generalsekretär Markus Gratzer. Parallel zu den Hauptvorträgen wurden, wie schon vor einem Jahr, gut besuchte Workshops angeboten für all jene, die speziellen Themen noch intensiver nachgehen wollten.

Eine besondere Note erhielt die Veranstaltung auch dadurch, dass wieder Tourismusschüler eingeladen waren, die Erfahrungen sammeln, Netzwerke bilden und erste Kontakte mit ihren - vielleicht - künftigen Arbeitgebern aufnehmen konnten. Es waren diesmal die Schülerinnen und Schüler des Vorzeigeprojekts Tourismusschule Bad Gleichenberg, die einen großen Einsatz zeigten. Gratzer dankte dem engagierten ÖHV-Kongress-Team, allen voran Barbara Diallo-Strobl, für die hervorragende Organisation des Großevents. Dank, so Gratzer weiter, dem interessierten Publikum und der Moderatorin Ute Pichler, die souverän durch die Veranstaltung geführt hatte.

2025 wird der Kongress, nach einer Pause von 17 Jahren, wieder in Innsbruck Station machen. Vertreter der Tiroler Landeshauptstadt waren gekommen, um den nächsten Tagungsort offiziell mit einer kleinen Präsentation vorzustellen.

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