ÖHV: Frau Dr. Zimmermann, was waren die Beweggründe von JUFA für den Verhandlungsbeginn mit den Gewerkschaften? Warum wollte die Gruppe einen eigenen Kollektivvertrag?
Petra Zimmermann: Die Arbeitswelt verändert sich derzeit stark. Als Unternehmen muss man die Rahmenbedingungen für Mitarbeiter verbessern, um zukunftsfit für neue Arbeits- und Lebensmodelle zu sein.
Über 300 Mitarbeiterwurden bei unserem JUFA Zukunftsprozess dazu aufgerufen, aktiv mitzugestalten und ihre Ideen einzubringen. Im Fokus waren zeitgemäße und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle, Gehälter und Personalentwicklung.
Zudem sind wir in allen Bundesländern tätig und haben viele unterschiedliche Hotels vom Cityhotel bis zum kleinen Urlaubshotel auf der Alm. Manche Dienstnehmer wechseln zwischen den Hotels je nach Saison. Die unterschiedlichen Lohn- und Gehaltstabellen, die Anrechnung von Vordienstzeiten, 2 KVs (Angestellte und Arbeiter) und die unterschiedliche Behandlung bei Voll- und Teilzeit waren für uns sehr mühsam und für Dienstnehmer nicht nachvollziehbar.
Flexible Arbeitszeitmodelle waren durch die Überstundenzuschläge ab der 10. Stunde bzw. ab der 9. Stunde bei Teilzeit oft schwer umzusetzen.
Viele Dinge (aber nicht alle!), wie Gehaltserhöhungen, kann man natürlich auch auf freiwilliger Basis machen. Dadurch, dass wir bessere Rahmenbedingungen aber kollektivvertraglich und somit bindend regeln, setzen wir ein klares Zeichen bezüglich Verbindlichkeit und Transparenz.
ÖHV: Was sind aus Ihrer Sicht die jeweils größten Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem JUFA-Betriebs-Kollektivvertrag?
Petra Zimmermann: Als Arbeitgeber sind für uns die größten Vorteile die deutliche Verbesserung der Arbeitgebermarke und damit seit Sommer 2023 eine deutliche Steigerung der Bewerbungen. Durch die Vereinheitlichung von Teilzeit und Vollzeit bei der Durchrechnung, dass die 9. und 10. Stunde keine Überstunden mehr sind und der Monat Probezeit bei Arbeiter, gibt es deutliche Erleichterungen in der Administration und mehr Transparenz für die Dienstnehmer. Ganz wichtig ist auch der Anreiz, dass Dienstnehmerdurch Fortbildung und Arbeitserfahrung in die Einstufung „Fachkraft“ (Beschäftigungsgruppe 3) wechseln können. Dadurch schaffen wir uns selbst in Zeiten des Fachkräftemangels qualifizierte Mitarbeiter. Das empfinden auch unsere Dienstnehmer als großen Vorteil. Laut Feedback unserer Mitarbeitersteht bei ihnen der Sonntagszuschlag an erster Stelle. Natürlich auch die merklichen Vorrückungen nach 2 und 5 Jahren, die Anrechnung der Vordienstzeiten und der ab dem 6. Jahr erhöhte Urlaubsanspruch. Im Bereich Saisonkräfte ohne Ausbildung spielt das höhere KV-Grundgehalt eine große Rolle. Das verpflichtende freie Wochenende pro Monat wird von vielen als große Wertschätzung gesehen. Für ausländische Saisonkräfte ist das meist nicht so wichtig. In der Umsetzung ist das der herausforderndste Punkt. Im Bereich der Lehrlinge haben wir im KV nur festgehalten, was wir schon hatten – z.B. höheres Entgelt bei positivem Berufsschulabschluss. Es ist aber durch den KV transparenter geworden.
ÖHV: Können Sie beziffern, wie hoch die Mehrkosten für die Gruppe sind?
Petra Zimmermann: Je nach Größe des Hotels sind Mehrkosten in Höhe von 15.000 bis rund 32.000 Euro pro Jahr entstanden. Allerdings muss man auch sagen, dass Gehaltserhöhungen gerade 2023 auch ohne neuen KV umgesetzt worden wären.
ÖHV: Mit der heurigen Wintersaison ändert sich auch der Rahmen-Kollektivvertrag für die Hotellerie und Gastronomie. Was können Sie aus Ihrer Erfahrung den Arbeitgebern sagen, die die Neuerungen kritisch sehen?
Petra Zimmermann: Die Angleichung von Voll- und Teilzeitkräften bei der Durchrechnung ist ein großer Vorteil. Bei Zwei-Saisonbetrieben kann man die Gutstunden gut innerhalb des halben Jahres abbauen, bei einer Durchrechnung von 3 Monaten muss man 2 x jährlich in der Hochsaison abrechnen. Freie Sonntage sind zwar oft eine Herausforderung, aber vor allem bei einheimischen Arbeitskräften sehr wichtig. Die Rückmeldung unserer Dienstnehmer war, dass wir durch die freien Wochenenden und Sonntagszuschläge zeigen, dass wir die Arbeit am Wochenende nicht als selbstverständlich wahrnehmen. Ich glaube, ein Schritt um die Attraktivität der ganzen Branche zu erhöhen. Der Probemonat statt nur 2 Wochen Probezeit ist super! Nachdem die Personalauswahl mittlerweile in rasanter Geschwindigkeit über die Bühne gehen muss, ist die verlängerte Probezeit umso wichtiger.
ÖHV: Vielen Dank für das Gespräch!