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Crowdfunding & Co statt Bankkredit?
Finanzen

Crowdfunding & Co statt Bankkredit?

Dr. Martin Schumacher und Mag. (FH) Manuela Wiesinger von der conos gmbh zum Stellenwert alternativer Finanzierungs-Formen in der Hotellerie.

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Was ist Crowdfunding?

Bei Crowdfunding wird Risiko-Kapital für ein Investitionsprojekt in jeweils relativ kleinen Beträgen von einer „Crowd“, also Schar an Investor„eingesammelt“. Dies erfolgt unter Zuhilfenahme von hierauf spezialisierten Online-Vermittlungsplattformen. In Teilen ähnelt es der Logik von Aktien- bzw. Anleihemärkten (Beteiligung/Kapitalbereitstellung an ein Unternehmen mit auch kleinen Beträgen unter Inkaufnahme einer Risikoposition mit Aussicht auf Rendite und Rückführung am Laufzeitende).

Crowdfunding existiert in unterschiedlichen Modellvarianten. Gemeinhin wird hierbei unterschieden zwischen sogenannten „reward-based“, bzw. „lending-based“ oder „equity-based“ Modellen sowie Mischformen daraus, sogenannten mezzaninen Modellen:

  • Reward-based-Modell: Das eingesetzte Kapital wird über ein Kreditverhältnis bereitgestellt (zumeist in Form eines Nachrang-Darlehens); die „Verzinsung“ erfolgt über nicht monetäre Leistungen (also z.B. Wertgutscheine, Preisreduktionen bei Aufenthalten im Hotel o.ä.m.)
  • Lending-based-Modell: Das eingesetzte Kapital wird über ein Kreditverhältnis mit fixem Zinssatz bereitgestellt. Die Minimierung des Risikos für den Investor steht im Vordergrund.
  • Equity-based-Modell: Der/die Investorwird am Unternehmen und somit am Gewinn als auch am Unternehmenswert beteiligt. Die Maximierung der Rendite und die nachhaltige Beteiligung am Unternehmen stehen für Investorim Vordergrund.

Mezzanine Modelle: Diese Form mischt Aspekte obiger Zugänge (z.B. garantierte Verzinsung, aber nachrangige Gläubigerstellung).

Als gängigste Ausgestaltungsform für Hotels haben sich über die letzten Jahre Modelle mit Laufzeiten von 5 bis 7 Jahren etabliert mit Zinsangeboten an die Investorin Mischungen aus Geld- und Leistungsbestandteilen, oftmals im Mix abhängig von der Summe des bereitgestellten Kapitals.

Wesentliche Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne sind ein „innovatives Storytelling“ rund um die Attraktivität des Unternehmens bzw. des zur Finanzierung stehenden Projektes, eine entsprechende Wachstums-Story sowie weitere Motive wie die durch ein Investment zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu einer speziellen „Community“.

 

Wann kommt Crowdfunding in Frage?

Insbesondere für wachsende Hotelbetriebe mit klaren, unverwechselbaren Konzepten bzw. „Marken“ in der Finanzierung neuer Standorte oder Konzepterweiterungen. Es kann aber auch – beinahe im Stil einer „friends&family“ Finanzierung – im Segment der „Start Up Finanzierung“ eine interessante Form der erweiterten „Eigen- und Risikokapital-Eindeckung“ sein.

 

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen?

Die Finanzierungen werden – je nach Anbieter-Plattform – als partiarisches Darlehen, Nachrangdarlehen oder Substanzgenussrechte ausgestaltet. Gemäß dem Crowdfunding zugrunde liegenden „Alternativfinanzierungsgesetz“ sind je nach Emissionsvolumen (maximal 5 Mio. Euro) unterschiedliche Anforderungen in Hinblick auf Informations- und Prospekt-Pflichten zu erfüllen.

 

Was „kostet“ Crowdfunding?

Zu unterscheiden ist zwischen den Kosten, die für die „Vorbereitung“ einer Kampagne anfallen (Kosten der Vermittlungsplattform im Vorfeld, Kosten der Finanzierungsvorbereitung), jenen der Finanzierungsabwicklung (Kosten der Dienstleistungen der Plattform in/für die Abwicklung) sowie den effektiven Finanzierungskosten (im Sinne der dem Investorangebotenen Konditionen). Da es sich in aller Regel um nur nachrangig abgesichertes Investorenkapital handelt, ist immer eine höhere, als kreditübliche Verzinsung vorzusehen, freilich mit der oben dargestellten Möglichkeit, diese „Verzinsung“ nicht nur über effektive Zinsen in Geldwerten, sondern auch in Sachwerten darzustellen. In einer geldmäßigen Bewertung ist es also möglich, dass die „effektiven“ Kosten der Finanzierung nicht zwingend höher sein müssen als bei einer „konventionellen“ Kreditfinanzierung.

Gibt es Alternativen zur Alternative?
Was „können“ Gästeclub-Finanzierung, Leasing, Buy to let, Mitarbeiter:innen-Beteiligung, und Co?

Gästeclub-Finanzierung

Gerade in der Hotellerie mit oftmals hohen Stammgast-Anteilen und sich daraus ergebender Verbundenheit der Gäste sowie Kundinnen und Kunden mit dem Betrieb ist die Möglichkeit, interessierte Gäste über Genussrechte an der Unternehmensfinanzierung zu beteiligen, allenfalls prüfenswert.

Ein Genussschein verbrieft individuell ausgestaltbare Rechte, der/die Zeichnerbeteiligt sich damit jedoch nicht an der Gesellschaft. Im Gegenzug für das investierte Kapital können etwa Gewinnbeteiligungen, Einlageverzinsungen oder im Falle von Hotelbetrieben bevorzugt Leistungsgutscheine als Genussrecht definiert werden. Derartige, oft im Rahmen von „Gästeclubs“ vermarktete Genussscheine laufen zumeist auf 4 bis 7 Jahre und werden nach Laufzeitende nach Wahl des Zeichners bzw. der Zeichnerin verlängert, ausbezahlt oder auch in Form von Sachleistungen/Hotelgutscheinen rückvergütet. Die Stückelung ist frei wählbar, liegt zumeist aber bei Beträgen ab 5.000 Euro/Genussschein, wobei eine beliebige Anzahl von Scheinen pro Gast/Kunde gezeichnet werden kann. Eine Besicherung der Genussscheine erfolgt in aller Regel nicht bzw. wird allenfalls via Bankgarantie zum Nominale per Laufzeitende gestellt.

Denkbar wäre beispielsweise, dass ein Hotel einen Genussschein (Nominale 5.000 Euro) mit einer Verzinsung von z.B. 5 % in Wellness- oder Konsumations-Gutscheinen (also 250 Euro p.a.) vergütet bzw. auch z.B. Preisnachlässe bei Barzahlung auf Hotelaufenthalte ergänzend oder ersetzend als „Verzinsung“ gewährt. Auch eine differenzierte Ausgestaltung des Memberstatus bzw. der Vergütung je nach Höhe der gezeichneten Genussscheine (Gold/Platin/Ambassador-Status) ist hier umsetzbar.

 

Immobilien-Leasing Finanzierung

Eine im Tourismus (zu) selten diskutierte Finanzierungsalternative stellt das Immobilien-Leasing dar, bei dem ein Hotel – oder Teile davon – von einem Immobilien-Leasing-Unternehmen errichtet und von dem/der Hoteliergegen entsprechende Leasing-/Mietzahlungen „geleast/gemietet/gepachtet“ wird. Derartige Modelle sind auch in Form von Baurechten bzw. Superädifikaten auf Eigengrund der Hoteliermöglich und stellen damit primär eine Finanzierungs-Alternative zu Krediten dar. Die wesentlichen Vorteile dieser Variante:

  • Keine Aktivierung (und damit Belastung der Eigenkapitalausstattung) des Leasingnehmers
  • Steuerlich zumeist interessante Verwertbarkeit der Leasingraten
  • Immobilienrisiko verbleibt während der Laufzeit beim Leasinggeber
  • Vertraglich vereinbarte vorzeitige Rückkaufmöglichkeiten zu festen Zeitpunkten während der Laufzeit durch den Leasingnehmer

 

Buy to let Finanzierungen

Der Vollständigkeit halber sei auch diese Form der alternativen Finanzierung von Hotelprojekten angeführt, wenngleich diese zusehends durch entsprechende Restriktionen der Standortgemeinden und -länder kritisch gesehen wird. Prinzipiell handelt es sich hierbei um ein Modell, bei dem die Finanzierung eines Hotels – zumeist bei Neuerrichtung als first stage investment – durch Abverkauf einzelner gewidmeter „Zimmer-Einheiten“ an private Investorerfolgt. Diese werden ihrerseits verpflichtet, die Einheiten an eine die Immobilie betreibende Hotel-Gesellschaft dauerhaft für eine gewerbliche Hotelnutzung zu vermieten – gegen eine auslastungsabhängige Miete bei gleichzeitiger persönlicher Nutzungsbeschränkung für den/die Eigentümerauf wenige Wochen im Jahr. Es sprengt die Möglichkeiten dieses Beitrages auf die Details, Herausforderungen und Limitationen dieser Modelle im Detail einzugehen.

Zukunfts-Thema: Finanzierung durch Mitarbeiter

Nicht zuletzt aus Gründen der Bindung von (Führungs-) Kräften ist auch die Finanzierung mittels Mitarbeiterim Sinne einer „Verbreiterung“ der Gesellschafterstruktur ein aktuell auch im Tourismus neu diskutiertes Thema, das gerade auch durch die seit 2024 mögliche neue Rechtsform der flexiblen Kapitalgesellschaft angetrieben wird. Auch wenn hier derzeit noch Erfahrungswerte fehlen und das Thema wohl auch in absehbarer Zeit noch wenig Widerhall in der Hotellerie finden wird, so ist der prinzipielle Gedanke, wichtige Kadermitarbeiterauch zu Mitgesellschafterzu machen und damit sowohl Bindung zu erzielen als auch Renditemöglichkeiten zu eröffnen, durchaus reizvoll.

Allenfalls bedenkenswert wären auch Modelle der „gemeinsamen“ Schaffung von Mitarbeiterund deren Co-Finanzierung durch Hotelierund Mitarbeiterin Miet-Kaufmodellen. Denkbar wären weiters auch Ansparmodelle, bei denen Mitarbeitende etwa Prämienansprüche, Einlagen oder auch z.B. Ansprüche aus Sonderzahlungen in „Beteiligungs-Kapital“ in Form von Eigen- oder Fremdkapitaltiteln wandeln.

 

Zusammenfassend: Wie wirken alternative Finanzierungsformen auf Betrieb und Bilanz?

  • positiv auf die Finanzierungsstruktur: durch den Mezzanincharakter des Kapitals, ihre oftmalige Nachrangigkeit gegenüber einer Kreditfinanzierung oder auch durch ihre Nicht-Bilanzierung (Leasing) können sie zu einer ausgewogeneren Finanzierungs-Struktur und damit zu einem besseren Rating eines Unternehmens beitragen. Daneben muss für das über diese Kanäle aufgebrachte Kapital oftmals keine oder keine erstrangige Besicherung aufgebracht werden. Auch wirken sie zumeist liquiditätsfördernd, da sie oftmals endfällig am Ende der Laufzeit zu tilgen sind oder auch (auf unbestimmte Zeit) verlängerbar sind.
  • positiv auf Gäste-, Kunden- und allenfalls sogar Mitarbeiter, Marke und Marketing: sie können zur Erhöhung der Sichtbarkeit und des Markenwertes eines Hotels beitragen und bieten die Möglichkeit, Stammgäste enger an das Unternehmen zu binden sowie auch neue Gästeschichten zu gewinnen.
  • negativ auf den Aufwand für Beibringung und laufende Investor:innen-Betreuung: gemessen an der Höhe der aufbringbaren alternativen Finanzierungssumme sind diese Formen oft recht aufwändig am Start und auch in der laufenden Investorin Hinblick auf Reporting-Pflichten, Kommunikation oder auch persönlicher Betreuung.

 

Fazit

Die dargestellten Alternativen ersetzen kaum jemals die „klassische“ Kreditfinanzierung, können aber zu einer strukturellen Reduktion der Abhängigkeit von Banken bzw. auch unter kommunikativen Gesichtspunkten zur parallelen Gästebindung und Neugastgewinnung bzw. in Zukunft vielleicht sogar zur Mitarbeiterbeitragen und damit gleichsam „mehrere Fliegen mit einer Klappe“ schlagen

Die Autoren

Mag. Dr. Martin Schumacher MET

Mag. Dr. Martin Schumacher MET

Gründer & Geschäftsführer conos gmbh E-Mail senden
Mag. (FH) Manuela Wiesinger

Mag. (FH) Manuela Wiesinger

Senior Consultant conos gmbh E-Mail senden
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