Social (Media) Recruiting Agenturen locken oft mit schnellem Erfolg bei der Nachbesetzung von Stellen. Wir möchten Ihnen gerne mehr über diese Möglichkeit berichten und haben in der Praxis nachgefragt. Zwei Recruiterinnen erzählen, welcher Mix für sie erfolgreich ist und welche Fragen Sie vor der Beauftragung einer Agentur stellen sollten. Denn nur so kann auch die Nachbesetzung klappen!
Vorweg eine Abgrenzung zwischen den Begrifflichkeiten:
Klassisches Recruiting
Der englische Begriff Recruiting ist im Deutschen eher als Personalbeschaffung bekannt. Die Aufgabe vom Recruiting ist es, mithilfe eines internen Recruiters/Recruiterin oder einer Recruiting Agentur qualifizierte Mitarbeiter:innen zu suchen und für das Unternehmen zu gewinnen. Agenturen verfügen über Bewerber:innen-Datenbanken und gezielte Auswahlverfahren um die ausgeschriebenen Positionen nachhaltig bestmöglich zu besetzen.
Social Recruiting
Auch Social Media Recruiting genannt, bezeichnet die Personalbeschaffung über soziale Netzwerke. In dieser Form des Marketings nutzen Recruiter populäre Plattformen wie LinkedIn, Facebook, Instagram, TikTok oder YouTube für die Bewerbersuche. In Form von Kampagnen, oft unterlegt mit Videos, werden zielgerichtet Menschen angesprochen, wo sie online unterwegs sind.
Einblick in das Thema Social Recruiting geben uns:
Eva Proch - Recruiterin bei MHP Hotel AG
Die MHP Hotel AG ist eine unabhängige deutsche Hotel-Investment- und Management-Plattform mit Sitz in München. Seit 2012 entwirft und realisiert das Unternehmen innovative Hotel-, Gastronomie- und Barkonzepte im Premiumsegment.
Aktuell befinden sich Le Méridien Hotels in Hamburg, Stuttgart, München und Wien, das Sheraton Düsseldorf Airport Hotel, das Hotel Luc, Autograph Collection in Berlin, das JW Marriott Hotel in Frankfurt, das Basel Marriott Hotel sowie das Hotel MOOONS in Wien im Portfolio der MHP Hotelgruppe. Hinzu kommen die Eröffnungen des Koenigshof Munich, a Luxury Collection Hotel 2024 sowie des Conrad Hamburg in 2025. Eva Proch ist Recruiterin für diese 9 Hotels und für die Zentrale.
Romana Nill - HR Managerin im Stock Resort im Zillertal
Das Stock Resort im Zillertal ist ein 5 Sterne Superior Hotel spezialisiert auf Familienurlaube, hat 110 Zimmer und eine durchschnittliche Auslastung von stolzen 93% (75% Stammgäste!). 180 Mitarbeitende aus 12 Nationen sind im Resort beschäftigt. Romana Nill ist vor Ort für das Human Resource Management verantwortlich.
ÖHV: Sie sind beide Profis im Human Resources Management. Wie sieht Ihr Recruiting Mix aus?
Eva Proch: Wir bespielen das gesamte Register: alle Stellenanzeigen werden für eine möglichst große Reichweite auf diversen Plattformen ausgespielt. Zusätzlich sprechen wir viele Kandidat:innen via Active Sourcing direkt an. Dafür nutzen wir eine LinkedIn-Recruiter-Lizenz. So haben wir schon den einen oder die andere (Assistant) Manager:in nachbesetzt. Social Media Recruiting nutzen wir, wenn die klassischen Wege keinen Erfolg zeigen und wir einen sehr konkreten und raschen Need haben.
Romana Nill: Das gesamte Employer Branding soll sich in unseren Recruiting-Aktivitäten widerspiegeln. Wir investieren in Print, Onlinemarketing, Google Ads und in die Beauftragung von Agenturen. LinkedIn sehen wir nicht als die ideale Plattform, mit Ausnahme von Positionen im Management. Fachkräfte findet man dort wenig – den oder diejenige erreichen wir aber auch nicht auf TikTok! In diesem Fall helfen uns dann Social Media Recruiting Agenturen.
ÖHV: Wie sind Ihre Erfahrungen mit Social Recruiting in der Praxis?
Eva Proch: Damit eine Kampagne erfolgreich wird, gilt es, ein paar Faktoren zu beachten:
- Wir bündeln für eine Kampagne gleich mehrere Stellen aus dem gleichen Bereich, wie z.B der Küche. Damit öffnen wir das Feld für mehr Kandidat:innen.
- Im Vorfeld überlegt man sich die Kandidatenprofile und die zielgerichteten Fragen für den Chatbot. Engt man die Fragen zu sehr ein, erhält man weniger Rücklauf. Eine gute Agentur führt hier kompetent durch den Prozess und adaptiert auch während der Kampagne. Wir hatten einmal 80 Interessenten und Interessentinnen für einen Job. Der Filter war in diesem Fall nicht so streng und es wurde suggeriert, dass er/sie von der HR-Abteilung kontaktiert wird. Je besser also der Filter angepasst wird, desto klarer wird es für beide Seiten.
- Die Agentur übermittelt uns den Kontakt, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse der Bewerber:innen. Per WhatsApp nehmen wir dann Kontakt auf und fordern den CV für das nähere Kennenlernen ein.
Die Stärke unserer derzeitigen Social Recruiting Agentur ist, dass sie ein einzigartiges System entwickelt haben: "Such mir jene über 18jährigen, die gerade die Tourismusschule abgeschlossen haben und jetzt im Eventbereich arbeiten wollen." Auch mit dieser sehr konkreten Angabe konnte die Agentur zielgerichtet neue Kollegen und Kolleginnen für uns gewinnen.
Romana Nill: Diesen Sommer haben wir das erste Mal eine Social Recruiting Agetur beauftragt, um einen Chef de Rang-Posten nachzubesetzen. Während des Testlaufs von einer Woche haben wir 5 qualifizierte Bewerbungen erhalten und somit auch einen neuen Kollegen.
Was ich noch zu Frau Proch ergänzen kann:
Das Video für die Kampagne gibt oft den Ausschlag für den Erfolg. Gute Agenturen übergeben ein Drehbuch mit genauen Anweisungen. Somit kann ein Video auch mit den eigenen Leuten vor Ort gedreht werden und es wird kostengünstiger! Dieses wird dann in die Anzeige eingebaut und erweckt Interesse für den Job. Warum ist es cool, im Stock zu arbeiten? Aber auch – welche Herausforderungen gibt es?
Mittlerweile ist es so, dass man im Social Recruiting mit zB. 1.000 Euro Kampagnenbudget wesentlich mehr Personen als mit einem Printinserat erreicht, auch nicht unwesentlich!
ÖHV: Was ist Ihnen bei der Beauftragung von Agenturen besonders wichtig?
Eva Proch: Erfahrungsaustausch und Expertise – die Agentur muss sehr individualisiert die Kampagne erarbeiten, nur so bekommt man dann auch qualifizierte Bewerbungen.
Romana Nill: Absolut! Die Kampagne muss auf das Haus, die Abteilung und die Besonderheiten des Arbeitsplatzes zugeschnitten werden.
ÖHV: Als Hilfestellung für unsere Mitglieder: Welche Fragen stellen Sie (sich) vor der Beauftragung einer Social Recruiting Agentur?
- Welche Referenzen bringt das Unternehmen mit? Gibt es auch Referenzen von schwierigen Kampagnen?
- Wie gut ist das grundsätzliche Verständnis für die Branche?
- Worin unterscheidet sich die Agentur von anderen Agenturen (in Bezug auf die Kampagnengestaltung)?
- Bis zu welchem Punkt sind die Bewerber:innen mit Chatbot und Agentur involviert und ab wann geht die Kommunikation zur HR-Abteilung? Wo ist die Schnittstelle? Macht die Agentur eventuell sogar die ersten Kennenlern-Telefonate? Und das auch am Wochenende, wenn die Bewerber:innen Zeit haben? Geschwindigkeit zählt! Ansonsten sind die Bewerber:innen an den Mitbewerb verloren!
- Man muss im Allgemeinen sehr offen sein, zum Beispiel für Quereinsteiger:innen, da sie den Hauptanteil an Rückmeldungen ausmachen.
ÖHV: Noch Tipps am Schluss?
Eva Proch: Die Kampagne analysieren und durch unterschiedliche Parameter messbar machen. Die Kampagne unter der Woche starten, weil man dann die nächsten Tage abarbeiten kann. Und unsere Erfahrungen zeigen: die Kampagnen laufen erst nach 1 bis 2 Monaten der Nachjustierung so richtig erfolgreich!
Romana Nill: Grundsätzlich kann ich immer empfehlen, Führungskräfte im Haus zu entwickeln – das Team so hinzugeleiten, dass man intern nachbesetzen kann. Print immer noch gezielt zusätzlich einsetzen: Die Information, dass wir Lehrlinge aufnehmen, ist oft für Eltern und Großeltern interessant und wir erreichen so indirekt die Zielgruppe.
Beide: Sich im Recruiting-Mix breit aufstellen: Groß denken und Neues probieren!
ÖHV: Vielen Dank Ihnen beiden für die interessanten Einblicke!
Möchten Sie gerne mehr zu diesem Thema erfahren oder mit den beiden Damen bzw. mit der Agentur Kontakt aufnehmen, wenden Sie sich gerne an uns!
