ÖHV: Die Hotels ziehen im Recruiting immer weitere Kreise: Köche aus Brasilien, Servicekräfte aus den Philippinen. Woher nehmen wir die Fachkräfte der Zukunft?
Petra Draxl: Die Zeiten, in denen sich in der Gastronomie und Hotellerie niemand über Personalsuche Gedanken machen musste, sind vorbei. Die Frage ist nicht so sehr, woher wir die Fachkräfte nehmen, sondern wie wir Österreich für Zuwanderer:innen aus dem Ausland attraktiv machen können. Wir müssen international um Fachkräfte werben, denn global gesehen ist Österreich einfach keine bekannte Größe.
ÖHV: Wie kann sich Österreich als attraktiver Standort für Fachkräfte von morgen präsentieren?
Petra Draxl: Erstens sind Marketingmaßnahmen nötig, die national orchestriert und gut durchdacht sein müssen, um Österreich bekannter zu machen.
Österreich konkurriert mit Ländern wie Deutschland oder Kanada um Fachkräfte. Das ist also durchaus eine Herausforderung.
Was wir schaffen müssen, ist außerdem eine Willkommenskultur– auch auf regionaler Ebene – zu implementieren. Im Pongau wird etwa das erste Welcome Center errichtet, wohin sich zugewanderte Menschen aus anderen Regionen, sei es aus Portugal oder von den Philippinen, wenden können: da geht es um Fragen wie „Wo finde ich einen Arzt? Wie funktionieren Mietverträge in Österreich? Wie komme ich von A nach B?“. Und schließlich muss man auch verstehen, dass bei der Frage der Zuwanderung auch viele andere Faktoren eine Rolle spielen: zum Beispiel die Situation am lokalen Wohnungsmarkt oder der politische Diskurs über Zuwanderung.
ÖHV: Viele machen Kinderbetreuung, Pensionist:innen und Zuwanderung als die drei großen Stellschrauben für den österreichischen Arbeitsmarkt von morgen aus. Wie beurteilen Sie das und was muss sich ändern, damit alle gemeinsam profitieren?
Petra Draxl: Wir müssen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, eine multidimensionale Strategie verfolgen und die vorhandenen Potenziale heben oder besser nutzen. Eine flächendeckende Ganztageskinderbetreuung würde gewährleisten, dass Frauen – denn immer noch sind sie meist für Kinderbetreuung zuständig – mehr Stunden arbeiten können, sofern sie dies wollen. Auch die Frage, wann wir in Pension gehen, hat starke Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Zuwanderung aus Drittstaaten wird wie ausgeführt auch eine Rolle beim Bekämpfen des Fachkräftemangels spielen. Und schließlich geht es auch um Qualifizierung von arbeitslosen Personen.
ÖHV: Worauf sollte die Qualitätshotellerie in den kommenden Jahren im HR-Management besonderes Augenmerk legen?
Petra Draxl: Da uns der Fachkräftemangel wohl noch länger begleiten wird, müssen Betriebe ihre eigenen Angebote reflektieren und an der Arbeitgeberattraktivität arbeiten. Das Wichtigste ist hier sicherlich, die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen zu erkennen und auf sie einzugehen.
In der Gastronomie und Hotellerie wird oft der Wunsch nach einer besseren Planung der Dienste oder nach flexibleren Arbeitszeitmodellen artikuliert. Darauf muss man als Betrieb eben reagieren.
Auch die Investition in die Weiterqualifizierung von bereits vorhandenen Mitarbeiter:innen lohnt sich. Um junge Menschen anzusprechen, eigenen sich zum Beispiel Schnuppertage, die aber mit guter Betreuung einhergehen müssen.
Vielen Dank für das Gespräch!