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Besseres Beschwerdemanagement durch Gefühle-Kompetenz

Besseres Beschwerdemanagement durch Gefühle-Kompetenz

Wenn Sie Ihre Gefühle-Kompetenz erhöhen, werden Sie professioneller, freudvoller und leichter mit Kritik umgehen können – sagt Unternehmensberaterin Dr. Manuela Mätzener.

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Ziel des Beschwerdemanagements ist es, aus einem „einflussreichen Kritiker“ (Gast, Mitarbeiter, Lieferant…) einen „einflussreichen Befürworter“ zu machen. Wenn jemand – berechtigterweise – mit einer Leistung Ihres Hotels – extern wie intern – unzufrieden ist und sich deshalb bei Ihnen oder auf Social Media-Kanälen darüber beschwert, ist es wichtig, diesen so rasch wie möglich (wieder) zufrieden zu stellen. 

Wenn das gelingt, stehen die Chancen gut, dass diese Person Ihre hohe und schnelle Lösungsorientierung so sehr schätzt, dass sie zukünftig gut über Sie spricht und Sie weiterempfiehlt – das Unternehmen, das Produkt, die Dienstleistung, die Unternehmensprozesse, Sie als Arbeitgeber, Kooperationspartner etc. Natürlich müssen im Anschluss die Punkte der Reklamation oder Unzufriedenheit zeitnah und stabil behoben oder die genannten Anregungen realisiert werden.

Studien belegen, dass die Loyalität zum Unternehmen sogar steigt, wenn eine negative Erwartungshaltung gegenüber dem Unternehmen einem positiven Eindruck im Umgang mit dem geäußerten Anliegen weicht.

Warum an der Gefühle-Kompetenz arbeiten?

Eine Kompetenz im Umgang mit Gefühlen befähigt uns, mit unterschiedlichsten Situationen angemessen umzugehen. Gefühle haben die Aufgabe, uns beziehungsfähig zu machen. Gefühle sind somit die Basis für all unsere Beziehungen: für jene mit uns selbst, aber auch zu anderen. 

Gefühle-Kompetenz kann Sie einerseits bei der Beschwerdebehandlung unterstützen, aber auch im Umgang mit Ihren eigenen Gefühlen bei Beschwerden und Kritik. Letzteres ist die Basis, um in der Beschwerdebehandlung souverän umgehen zu können.

Was ist mit Gefühle-Kompetenz gemeint?

Gefühle sind nicht nur individuelle Eigenschaften, sondern auch soziale Kräfte. Als solche entstehen sie aus der Wechselwirkung einer bestimmten Situation, den eigenen Gedanken und den Reaktionen der Umwelt darauf. 

Meine eigene Interpretation einer Situation – in dem Fall einer Beschwerde oder einer Kritik – ist also die treibende Kraft dafür, welches Gefühl in mir und in der Folge im anderen als Reaktion darauf „entsteht“. Ein und dieselbe Situation kann bei verschiedenen Personen gleichzeitig verschiedene Gefühle erzeugen. Das passiert im Unbewussten und geht ganz schnell. Um die eigene Interpretation zu ändern, braucht es Bewusstheit darüber.

Unsere Gefühle sind somit eine Art Navigationssystem, das uns zu erkennen hilft, wie wir zu einer bestimmten Situation in Beziehung stehen und was unser Bedürfnis ist, auf das wir ausgerichtet sind. 

Im Unterschied dazu sind Emotionen aufgestaute, nicht gefühlte Gefühle, die darauf warten, gefühlt zu werden. Emotionen erkennt man an ihrer, der Situation unangemessenen, Intensität, die mitunter noch nicht einmal etwas mit der Situation zu tun haben, durch die sie ausgelöst wurden.

Wenn Sie beginnen, Gefühle von Emotionen zu unterscheiden, werden Sie merken, dass die Gefühle in ihrer Kraft und im Gegensatz zu „geladenen Emotionen“ fast unspektakulär sind.

Der „Gefühlekompass“ von Vivian Dittmar

Der im Folgenden beschriebene Gefühlekompass von Vivian Dittmar beschreibt fünf Grundgefühle: Wut, Trauer, Angst, Freude und Scham. Sie sind fünf Urkräfte, die in uns allen wirken. Sie haben eine Aufgabe, eine Kraft und einen Schatten.

Damit diese Gefühle in uns entstehen, braucht es eben (m)eine Interpretation einer bestimmten Situation. Bei WUT lautet sie „das ist falsch“, bei TRAUER „das ist schade“, bei ANGST „das ist furchtbar/das ist aufregend“, bei FREUDE „das ist richtig/das ist schön“ und bei SCHAM „bin ich okay?“.

Sollten Sie beim ersten Lesen denken, da ist ja nur ein positives Gefühl dabei, täuschen Sie sich. Denn nur, wenn wir auf unsere Bedürfnisse ausgerichtet sind, können unsere Gefühle als Kräfte fließen: FÜR das, was uns im Leben etwas bedeutet, was uns erfüllt und wichtig ist. 

Im FÜR ist die Kraft der Wut die Klarheit, jene der Trauer die Annahme (durch Liebe), die Kraft der Angst die Schöpferkraft, jene der Freude die Anziehung und die Schamkraft ist die Demut.

Wenn wir in einem Absolutheitsanspruch verankert sind und uns GEGEN das, was ist, ausrichten, erzeugen wir den Schattenaspekt der Gefühle. Wir erzeugen eine große Menge an Energie, die das Unmögliche will: Das, was ist, nicht sein zu lassen. Das, was ist, ist aber – und so verlieren wir diesen Kampf zu 100 %. 

Im GEGEN ist der Schatten der Wut die Zerstörung, jener der Trauer die Passivität, die Schattenangst die Lähmung, der Schatten der Freude die Illusion und die Schattenscham die Selbstzerfleischung.

Zusammengefasst hier nochmals die Aufgabe, die Kraft und der Schatten der fünf Gefühle:

  • WUT: Handlung (Aufgabe), Klarheit (Kraft), Zerstörung (Schatten)
  • TRAUER: Annahme (Aufgabe), Liebe/Frieden (Kraft), Passivität (Schatten)
  • ANGST: Kreativität (Aufgabe), Schöpferkraft (Kraft), Lähmung (Schatten)
  • FREUDE: Wertschätzung (Aufgabe), Anziehung (Kraft), Illusion (Schatten)
  • SCHAM: Selbstreflexion (Aufgabe), Demut (Kraft), Selbstzerfleischung (Schatten)

Wenn wir mehr und mehr lernen zu unterscheiden, ob wir uns gerade auf ein Bedürfnis [„Ich möchte den Gast/Mitarbeiter/Lieferanten behalten.“] oder auf einen Absolutheitsanspruch [„Niemand sollte über unser Haus schlecht reden oder uns kritisieren.“] ausrichten, kann sich unser Gefühlsleben entscheidend verändern. Etwas Neues beginnt: Wir haben die Wahl, uns FÜR oder GEGEN etwas auszurichten. Wir haben die Wahl, Kraft oder Schatten unserer Gefühle zu erzeugen.

Was heißt das für die Beschwerdebehandlung?

Lassen Sie mich ein Beispiel aus der Beschwerdebehandlung im Hotel geben: Ein Gast kommt an die Rezeption, um sich über etwas bei Ihnen zu beschweren. Wie reagieren Sie entlang der vorgestellten Gefühle, wenn Sie denken

  • „das ist falsch“ (WUT): Was sagen Sie da? Das kann nicht sein, dass Zimmer 11 eine Zumutung für Sie ist! Wir haben es vor 2 Jahren gerade erst ganz neu renoviert. Sie wollen uns sicher nur mit dem Preis drücken. Das geht gar nicht.
  • „das ist schade“ (TRAUER): Das ist sehr schade, dass Sie mit unserem Haus nicht zufrieden sind. 
  • „das ist furchtbar“ (ANGST): Das ist ja furchtbar, was Sie da über unseren neuen Spa-Bereich erzählen. 
  • „das ist schön“ (FREUDE): Oh wie schön, dass Sie sich mit Ihrem Unmut über die Temperatur unseres infinity-Pools gleich bei mir melden!

oder sich fragen

  • „was an mir/der Dienstleistung/dem Produkt/dem Prozess etc. ist nicht okay?“ (SCHAM): Bitte beruhigen Sie sich erst einmal und sagen Sie mir, was genau gehört aus Ihrer Sicht umgehend geändert?

Spüren Sie selbst, wie es Ihnen mit diesen unterschiedlichen Aussagen zum vermutlich gleichen Sachverhalt geht und entscheiden Sie für sich, ob Sie zukünftig bei einer Beschwerdebehandlung in der Kommunikation zukünftig anders vorgehen möchten.

Im Umgang mit einer Beschwerde/mit Kritik mag es helfen sich (im Vorfeld) folgende Fragen zu stellen:

  • Erzielt mein Gefühl die Wirkung, die ich brauche?
  • Welches Gefühl habe ich eigentlich?
  • Welche Interpretation einer Situation habe ich denn? 
  • Wie frei bin ich in dieser Interpretation?
  • Wo hindern mich meine eigenen emotionalen Altlasten, um im Umgang mit der Person „blitzartig“ anders zu denken?

Indem Sie Ihrem Gegenüber zuhören und seine Gefühle verorten, beschleunigen Sie den Moment des Verstehens. Dann gehen Sie ins TUN (Aufgabe der Gefühle) und bedienen Sie sich, je nachdem, was zur Beschwerde/der Kritik am besten passt, der Kraft der Gefühle. 

Hier ein weiteres Beispiel:

Ich freue mich, dass Sie sofort an die Rezeption wenden, wenn Ihre Dusche nicht funktioniert. (FREUDE, Wertschätzung) Ich verstehe, dass Sie bei diesen sommerlichen Temperaturen wütend und außer sich sind. (WUT, Klarheit) Es tut mit total leid, dass Sie in unserem Haus gerade solche Unannehmlichkeiten haben. (TRAUER, Annahme) Ich stelle die Beschwerde gleich dem Hausmeister ins hotelkit, aber ich befürchte, dass die Reparatur einige Zeit dauern wird. Was halten Sie davon, wenn Sie in der Zwischenzeit die Duschen im Spa-Bereich nutzen oder würden Sie lieber das Zimmer wechseln? (ANGST, Kreativität) Und nochmals: Es tut mir leid, dass die Zimmermädchen bei der Reinigung die Dusche nicht auf ihre Funktionalität hin überprüft habt. Ich möchte mich höflich bei Ihnen für unser Haus entschuldigen. Der Fehler liegt hier bei uns und ich garantiere Ihnen, dass wir uns umgehend um die Behebung des Problems kümmern werden. Und Danke nochmals, dass Sie uns über den Schaden informiert haben. Ich kümmere mich umgehend um eine rasche Lösung. (SCHAM, Selbstreflexion, Demut … und noch eine weitere Runde im Gefühlekompass)

Warum lohnt sich das?

Die Art der Beschwerdebehandlung ist eine besonders wichtige Komponente einer Beziehung zu Gästen, Mitarbeiter:innen, Lieferant:innen etc. Ein schlechter Umgang damit kann dazu führen, dass Gäste abwandern, Mitarbeitende kündigen, Lieferant:innen häufig wechseln, Umsätze einbrechen und das Unternehmensimage leidet. Wer also Anliegen und Beschwerden von wem auch immer ernst nimmt und sie löst, reduziert Kosten und sorgt für Begeisterung, Bindung ans Unternehmen und für Weiterempfehlungen. Denn zufriedene Menschen teilen Ihre positiven Erfahrungen mit ihrer Familie, ihren Freunden und ihren Bekannten. Und so schließt sich der Kreis mit der Frage „Warum lohnt es sich, seine eigene Gefühle-Kompetenz weiterzuentwickeln?“

Unternehmertum ist reich an Gefühlen. Erlauben Sie sich diese. Ich wünsche Ihnen viel Freude im Erkennen der Gefühle anderer und im Umgang mit Ihren eigenen Gefühlen.

Kontakt:
Dr. Mag. Manuela Mätzener 
Institut für Familien & Betriebe, ifub GmbH, 
Fisolengasse 9/37, 3390 Melk, 
manuela.maetzener@ifub.at
T: 0676 95 84 116
www.ifub.at

Buchtipps

Dittmar, Vivian: beziehungsweise. Beziehung kann man lernen. 3. Auflage, Originalausgabe 2015. München: edition est 2015. ISBN 978-3-940-773775-7.

Dittmar, Vivian: Der emotionale Rucksack. Wie wir mit ungesunden Gefühlen aufräumen. 4. Auflage, Originalausgabe. München: Kailash 2018. ISBN 978-3-424-63153-1. 

Dittmar, Vivian: Echter Wohlstand. Ein Plädoyer für neue Werte. Warum sich die Investition in inneren Reichtum lohnt. 1. Auflage. München: Kailash 2021. ISBN 978-3-424-63214-9. 

Dittmar, Vivian: Gefühle & Emotionen - Eine Gebrauchsanweisung. Wie emotionale Intelligenz entsteht. München: edition est 2014. ISBN 978-3-940773-06-7. 

Dittmar, Vivian: Gefühle @ work. Wie emotionale Kompetenz Unternehmen transformieren kann. 2. Auflage, Originalausgabe 2017. München: edition est 2017. ISBN 978-3-940773-55-5.

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Christoph Taussig

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