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Lehrlingsaustausch in der Hotellerie

Lehrlingsaustausch in der Hotellerie

Ein Lehrlingsaustausch ist eine tolle Gelegenheit für junge Menschen, über den Tellerrand des eigenen Lehrbetriebes zu blicken und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Was rechtlich gilt, erklärt Arbeitsrechtsexperte Dr. Günter Steinlechner.

Lesezeit: 

Lehrbetriebe haben oft Interesse daran, dass ihre Lehrlinge nicht nur innerhalb des Betriebes, sondern auch in anderen (Partner-)Betrieben im In- oder Ausland  ausgebildet werden, um dort ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern.

 

Rahmenbedingungen

Der bestehende Lehrvertrag bleibt während des Lehrlingsaustausches aufrecht, die Arbeit beim Partnerbetrieb gilt als Arbeitszeit. Der Lehrling erhält daher weiterhin die ihm gebührende Lehrlingsentschädigung und bleibt über seinen Lehrbetrieb bei der Österreichischen Gesundheitskasse angemeldet. Auch die Berufsschulpflicht bleibt aufrecht. Damit ist ein Lehrlingsaustausch zu Zeiten, in denen der Lehrling die Berufsschule besuchen muss, unzulässig.

Hinweis:

  • Die Berufsschulen haben die Möglichkeit, während der Unterrichtszeit Betriebsbesuche zu organisieren. Dabei handelt es sich nicht um einen Lehrlingsaustausch.

Ein Lehrlingsaustausch ersetzt nicht die Verpflichtung des Lehrbetriebes, den Lehrling entsprechend dem Berufsbild auszubilden. Daher muss der Partnerbetrieb auch kein Lehrbetrieb sein. Er sollte aber die Möglichkeiten und die Qualität besitzen, dem Lehrling entsprechend seinem Lehrberuf spezifische Fähigkeiten und Kenntnisse mitzugeben.

 

Schriftliche Vereinbarung

Soll ein Lehrling während der Lehrzeit in einen Partnerbetrieb entsendet werden, empfiehlt es sich, eine schriftliche Vereinbarung über einen freiwilligen Ausbildungsverbund mit diesem Betrieb und dem Lehrling abzuschließen. In dieser Vereinbarung sollten folgende Punkte enthalten sein:

  • die Namen des Lehrbetriebes und des Partnerbetriebes,
  • der Unternehmensgegenstand des Partnerbetriebes, sofern dieser kein Hotel ist,
  • Beginn und Ende des Lehrlingsaustausches,
  • der Zweck und die Inhalte der Ausbildung des Lehrlings im Partnerbetrieb,
  • eine Umschreibung des Arbeitsplatzes oder der Arbeitsplätze des Lehrlings im Partnerbetrieb,
  • Namen der für den Lehrling verantwortlichen Ausbildner im Partnerbetrieb,
  • die Art der Anreise des Lehrlings von seinem Wohnort zum Partnerbetrieb und retour sowie die Übernahme der Kosten dafür durch den Lehrbetrieb,
  • eine entsprechende Unterbringung und Verpflegung des Lehrlings im Partnerbetrieb bzw. eine entsprechende Übernahme der Kosten dafür durch den Lehrbetrieb,
  • ein etwaiger Kostenersatz zwischen dem Lehrbetrieb und dem Partnerbetrieb.

Hinweis:

  • Dem Lehrling dürfen durch den Lehrlingsaustausch keine zusätzlichen Kosten entstehen!

Unterschrieben wird diese Vereinbarung vom Lehrbetrieb, vom Betrieb, in den der Lehrling entsendet wird, vom Lehrling und bei minderjährigen Lehrlingen vom gesetzlichen Vertreter des Lehrlings.

 

Partnerbetriebe in der Europäischen Union

Entsendet der Lehrbetrieb einen Lehrling zu einem Partnerbetrieb in der Europäischen Union, ist zu beachten, dass auch für einen solchen Lehrlingsaustausch die EU-Richtlinien zur Entsendung von Arbeitnehmern gelten. Diese umfassen unter anderem verschiedene Grundrechte der Arbeitnehmer, auf die sich diese im Staat des Partnerbetriebes berufen können, obwohl sie weiterhin beim Betrieb in Österreich beschäftigt sind.

Die angesprochenen EU-Richtlinien sind allerdings nicht in allen Staaten gleich umgesetzt. Insofern empfiehlt es sich, beim jeweiligen Partnerbetrieb nachzufragen, welche Regeln im Staat gelten, in dem der Partnerbetrieb seinen Sitz hat. Auszugehen ist jedenfalls davon, dass eine Meldepflicht über die Entsendung besteht.

Hinweis:

  • Um einen Nachweis für die Pflichtversicherung in Österreich zu besitzen und um Leistungen der Krankenversicherung im Ausland in Anspruch nehmen zu können, benötigt der Lehrling bereits zu Beginn des Lehrlingsaustausches eine Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften. Diese kann ohne großen Aufwand mittels ELDA bei der Österreichischen Gesundheitskasse angefordert werden.

Teilnahme an internationalen Ausbildungsprogrammen

Werden im Rahmen von internationalen Ausbildungsprogrammen Lehrlinge zu einer betrieblichen oder einer anderweitigen Ausbildung im Ausland entsendet, sind von der Lehrlingsstelle bis zu 6 Monate pro Lehrjahr auf der Lehrzeit anzurechnen, wenn die internationale Ausbildung dem Berufsbild des Lehrberufes entspricht. Mit anderen Worten: Die Ausbildung im Ausland muss das Können des Lehrlings im jeweiligen Lehrberuf noch vertiefen.

Beispiel: Ein Koch-Lehrling vertieft sein Wissen bei einem Spitzenkoch im Ausland.

Entspricht die internationale Ausbildung nicht dem Berufsbild des Lehrberufes, weil der Lehrling zum Beispiel darüber hinausgehende Kenntnisse und Fähigkeiten erwirbt, so sind von der Lehrlingsstelle bis zu 4 Monate pro Lehrjahr auf die Lehrzeit anzurechnen.

Beispiel: Ein Koch-Lehrling ergänzt und erweitert sein Wissen über den Einkauf von Lebensmitteln in einem Großhandelsbetrieb im Ausland, der Lebensmittel für die Gastronomie vertreibt.

Hinweis:

  • Der Lehrbetrieb muss der Lehrlingsstelle die Teilnahme des Lehrlings an einem internationalen Ausbildungsprogramm spätestens 4 Wochen nach dessen Abschluss anzeigen.

Austauschprogramm xchange

Mit dem internationalen Austauschprogramm xchange können Lehrlinge 4 Wochen in Betrieben in Italien, Deutschland, in der Schweiz, Liechtenstein und dem Elsass arbeiten. Die Teilnahme ist ab dem ersten Lehrjahr und in allen Lehrberufen möglich.

Erfahrungsbericht zum Thema

"Es war ein ganz anderes Leben"

Samuel Skop hat seine Ausbildung zum Hotel- und Gastgewerbeassistenten im Wiener Boutiquehotel Stadthalle absolviert. Der Lehrlingsaustausch führte ihn ans andere Ende des Landes – ins Hotel Sonnenburg in Lech am Arlberg.

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