Krankmeldung nach Kündigung
Was gibt es zum Thema Krankmeldung zu beachten? Kann man eine Krankenstandsbestätigung anzweifeln und was sollte man im Auge haben?
Lesezeit:
Auch in Österreich ist es möglich, eine Krankenstandsbestätigung zu bezweifeln und gegebenenfalls zu bekämpfen.
Allerdings benötigt der Arbeitgeber gute Beweise dafür, dass der Arbeitnehmer
- den Krankenstand in Wirklichkeit missbräuchlich in Anspruch nimmt und gar nicht krank ist oder
- zwar im Krankenstand ist, aber ein Verhalten setzt, das seine Genesung verzögert.
Ob ein Mitarbeiter in der Kündigungsfrist oder im „normalen“ laufenden Arbeitsverhältnisses in einem solchen zweifelhaften Krankenstand ist, ist dabei irrelevant.
- Kann der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer gar nicht krank ist, so kann er ihm den Lohn bzw. das Gehalt für den missbräuchlich in Anspruch genommenen Krankenstand streichen bzw. zurückverrechnen. Zusätzlich könnte er auch eine Entlassung aussprechen, weil der Mitarbeiter unentschuldigt vom Dienst ferngeblieben ist.
- Kann der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer ein Verhalten gesetzt hat, das seine Genesung verzögert, so kann er ihm den Lohn bzw. das Gehalt zwar nicht streichen bzw. zurückverrechnen, er kann aber eine Entlassung aussprechen, weil dies nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes einen Entlassungsgrund bildet.
In beiden Fällen ist aber höchste Vorsicht für den Arbeitgeber geboten.
Sehr oft wird er im Streitfall daran scheitern, dass er keine entsprechende Beweismittel dafür hat, dass der Arbeitnehmer den Krankenstand missbräuchlich in Anspruch nimmt oder dass der Arbeitnehmer ein Verhalten setzt, das seine Genesung verzögert.
Zu beachten gilt es dabei jedenfalls auch, dass der Mitarbeiter auf die Anordnungen seines Arztes vertrauen kann, auch wenn diese per se vielleicht unsinnig sein mögen.
Darstellung anhand eines konkreten Sachverhaltes:
Die Mitarbeiterin eines Betriebes wurde entlassen, weil sie im Krankenstand nach einer Knie-Operation an einem Marathonlauf teilgenommen hatte. Das Arbeitsgericht bestellte einen Arzt als gerichtlichen Sachverständigen, der bestätigte, dass der Marathonlauf die Genesung der Mitarbeiterin verzögert hatte. Allerdings sagte der Arzt der Mitarbeiterin, der als Zeuge einvernommen wurde, aus, dass er ihr die Teilnahme am Marathonlauf erlaubt hatte. Damit war das Verfahren verloren. Der Arbeitgeber musste der Mitarbeiterin Schadenersatz, die sogenannte Kündigungsentschädigung, für jenen Zeitraum zahlen, der durch eine termin- und fristgerechte Arbeitgeberkündigung abgelaufen wäre.
Noch schwerer als ein genesungswidriges Verhalten des Mitarbeiters ist es zu beweisen, dass ein Mitarbeiter gar nicht krank ist, sondern eine Krankenstand nur vortäuscht und dadurch vom Arzt krankgeschrieben wird.
Besser sieht es aus, wenn der Arbeitgeber in einer solchen Konstellation beweisen kann, dass der Mitarbeiter - entgegen den klaren Vorschriften - gar nicht vom Arzt untersucht worden ist, sondern beispielsweise gleich und direkt von der Ordinationsgehilfin krankgeschrieben worden ist.
Dazu gibt es dutzende Entscheidungen - beispielsweise:
Entscheidung des OG - Rechtssatznummer RS0028875 vom 14.07.1981
Ebenfalls mehrere Entscheidungen gibt es zur Frage, wann ein Genesung widriges Verhalten des Arbeitnehmers im Krankenstand vorliegt. Die Bandbreite reicht hier vom Arbeitnehmer, der berechtigt entlassen wurde, weil er trotz eines grippalen Infektes im Wirtshaus ein kaltes Bier getrunken hat, bis zum Arbeitnehmer, der unberechtigt entlassen wurde, weil er trotz Rückenschmerzen Weinfässer mit einem großen und schweren Schlauch abgespritzt hat.
Nichtbefolgung ärztlicher Anordnungen durch den Arbeitgeber - OGH Entscheid vom 10.03.1987
oder
Verhalten welches den Genesungsprozess verzögert - OGH Entscheid vom 07.04.1987
Zusammengefasst gilt es als Arbeitgeber zu beachten, dass
- die Beweislage sehr oft dünn ist,
- die Rechtsprechung zu unterschiedlichen Beurteilungen eines jeden Einzelfalles neigt und
- die Ärzte in Österreich - anders als beispielsweise in der Schweiz - generell sehr leicht Mitarbeiter in Krankenstand schicken.
Jede Krankenstandsbestätigung kann zwar angezweifelt werden, man benötigt jedoch entsprechende - und vor allem auch entsprechend gute - Beweise für die Behauptung, dass ein Mitarbeiter nicht krank ist oder im Krankenstand ein Fehlverhalten setzt.
Um die Beweislage zu verbessern, bedarf es häufig eines Auftrages an Detektive, die Mitarbeiter im Krankenstand observieren und dem Arbeitgeber die benötigten Beweismittel, vor allem Fotos, besorgen.
Auch Detektive kosten Geld. Diese Ausgabe könnte nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zwar für den Fall, dass der Mitarbeiter ein Verfahren am Arbeitsgericht verliert, von diesem zurückverlangt werden - sinnvollerweise aber natürlich nur, sofern keine Lohnpfändungen vorliegen.
Alles in allem gilt es daher vorsichtig zu sein und vor jeder Entlassung eines Mitarbeiters im Krankenstand mit einem Experten im Arbeitsrecht die Sach- und Rechtslage ausführlich zu erörtern.
Stand: Oktober 2021