Abgrenzung Mitarbeiter:innen vs. Selbständige
Eine klare Abgrenzung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit ist nicht immer einfach. Sachverhalte sind nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu beurteilen, das Vorliegen von Gewerbescheinen führt nicht zwangsweise zu einer echten Selbstständigkeit und Eigenschaft als Unternehmer:in.
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Worum geht´s?
Die Frage ist, ob es neben der Beschäftigung mit Arbeitsvertrag noch andere Möglichkeiten gibt, Mitarbeitende im Betrieb einzusetzen.
Tiroler Skilehrer:innen wurden vom Verwaltungsgerichtshof bereits zweimal als Mitarbeitende einer Skischule und nicht als Unternehmer:innen gewertet. Selbstständige Köche und Köchinnen mit Gewerbeschein sind - grob gesagt - nur dann Unternehmer:innen, wenn sie bei gebuchten Einzelevents oder im privaten Bereich auftreten und eine typische unternehmerische Struktur aufweisen. Selbstständige Köche als Aushilfen zu beschäftigen, führt zwangsweise zu einer Umgliederung in das ASVG als Mitarbeitende (siehe dazu im Detail weiter unten).
Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederum in einem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil einen Saunameister als Unternehmer eingestuft - unter anderem, weil ein Gewerbeschein „Animation – Planung sinnvoller Freizeitgestaltung“ vorlag, der Saunameister ein eigenes Konzept und eine eigene Website hatte, auch für mehrere andere Hotels tätig war, die Hotels keine Weisungs- bzw. Kontrollbefugnisse hatten und er sich auch vertreten lassen konnte.
Dankbar wäre das theoretisch auch z.B. bei Fitnesstrainer:innen, die selbstständig arbeiten, ihre Leistungen über eine Homepage anbieten, vielleicht selbst ein Fitnessstudio besitzen und zahlreiche Kundinnen und Kunden haben, bei Kosmetiker:innen, die nicht nur im Hotel arbeiten, sondern ein eigenes Kosmetikstudio besitzen oder Gärtner:innen, die mit eigenen Betriebsmitteln und einem eigenen Gartenbaubetrieb Freiflächen betreuen. Wichtig sind dabei neben mehreren Auftraggeber:innen immer eine eigene Gewerbeberechtigung und eine Vertretungsbefugnis.
Selbständige wie in den obigen Beispielen erstellen kein Werk (z.B. Produktion einer Broschüre oder programmierung eines maßgeschneiderten Tools), sondern erbringen eine Deinstleistung. Es liegt daher auch kein Werkvertrag, sondern ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen vor. Ein solcher Vertrag ist eben kein Dienstvertrag, sondern ein eigenständiger Dienstleistungsvertrag und sollte auch als solcher bezeichnet werden. Die Unterscheidung ist deswegen wichtig, da der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen hat, dass bei Vorliegen eines Werkvertrages immer eine Tätigkeit als Unternehmer:in vorliegt, die dem GSVG unterliegt, während bei Verträgen über eine Dienstleistung im Einzelfall zu überprüfen ist, ob entsprechende Dienstleister:innen echte Unternehmer:innen sind oder im Rahmen einer Unterordnung im Betrieb mit persönlicher Arbeitsverpflichtung weitgehend einfache Tätigkeiten verrichten, die üblicherweise von Mitarbeitenden erledigt werden.
Definitiv kein:e Selbständige:r ist, wer Arbeit nach konkreten Dienstplänen verrichtet und in der betrieblichen Hierarchie ein- und untergeordnet ist. Eine konkrete Beurteilung kann nur nach Analyse des Einzelfalles erfolgen.
Beispiel Küche
Köche mit Arbeitsvertrag
Köche sind in der Regel an fixe Arbeitszeiten im Betrieb gebunden und als fixer Bestandteil der Belegschaft in die Organisation des Hotels integriert. Sie sind persönlich und wirtschaftlich vom Hotel als ihrem Arbeitgeber abhängig. Das bedeutet: Sie sind weisungsgebunden und müssen ihre Arbeit persönlich verrichten.
Alle diese Aspekte führen dazu, dass Köche generell als Arbeitnehmer:innen zu beschäftigen und vor Arbeitsantritt bei der Sozialversicherung und beim Finanzamt anzumelden sind. Üblicherweise werden sie, auch wenn sie die Position des/der Küchenchefs/Küchenchefin innehaben, als Arbeiter:in eingesetzt. Üben Sie allerdings leitende Positionen mit überwiegenden kaufmännischen Arbeiten aus, wie zum Beispiel die Gesamtleitung der Küche, dann sind sie als Angestellte zu beschäftigen.
Überlassene Köche
Köche müssen nicht unbedingt direkt bei einem Hotel arbeiten, sie können ihren Arbeitsvertrag auch mit einem Personalleasing-Unternehmen, auch Arbeitskräfteüberlasser genannt, abschließen. Ein solcher Arbeitskräfteüberlasser stellt seine Köche Hotels oder anderen Gastronomiebetrieben zur Verfügung, damit sie dort - integriert in den jeweiligen Betrieb - ihre Arbeitsleistung erbringen. Für diese Form der Beschäftigung gelten allerdings umfangreiche gesetzliche Regeln, womit die Beschäftigung von „Leasing-Köchen“ recht teuer wird.
Köche mit Gewerbeschein
In Österreich dürfte es nach wie vor Köche geben, die einen Gewerbeschein als selbstständige Köche besitzen.
Solche Köche mit Gewerbeschein sind Unternehmer und müssen eine entsprechende betriebliche Struktur besitzen. Dazu gehört zum Beispiel ein Büro oder eine eigene Küche, eine Homepage, eine Marketing-Plattform, auf der sie ihre Leistungen für die unterschiedlichsten Kunden anpreisen und unterschiedlichstes Handwerkszeug. Auch scheinbare Details, wie ein ordentliches Firmenpapier, Visitenkarten, durchnummerierte Rechnungen und eine professionelle Buchhaltung sind für eine Arbeit als Unternehmer:in von Bedeutung.
Der typische Aufgabenbereich von Köchen mit Gewerbeschein liegt darin, bei Veranstaltungen oder Events zu kochen, andere Köche zu beraten, Bücher zu schreiben und Fernsehauftritte zu absolvieren. Unter Umständen können Sie auch tageweise auf oberster Küchenebene, in erster Linie als Ersatz des/der Küchenchefs/Küchenchefin, aushelfen.
Beachten Sie!
Immer dann, wenn ein/eine Koch/Köchin mit Gewerbeschein keine unternehmerische Struktur, wie oben dargestellt, nachweisen kann und
keine größere Anzahl an Kunden hat, oder seine Arbeit Tag für Tag im Hotel als Koch oder Küchenchef:in verrichtet, eingegliedert in die Organisation des Hotels, untergeordnet unter den/die Geschäftsführer:in oder den/die Inhaber:in, verrichtet er keine selbstständige Arbeit,
sondern ist ein/eine Scheinunternehmer:in, der von der ÖGK bei einer Krankenkassenprüfung (GPLB) in einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer:in mit den entsprechenden Nebenkosten für das Hotel umgewandelt werden kann.
Mit anderen Worten: Sie können Positionen in Ihrem Hotel, die Sie dauerhaft nachbesetzen wollen, nicht durch Köche mit Gewerbeschein ersetzen.
Das Risiko, dass Sie Beiträge in der Sozialversicherung für diese Personen nachzahlen müssen, ist recht hoch. Und es erhöht sich sogar noch, wenn solche Köche nicht einmal einen Gewerbeschein besitzen bzw. nicht einmal bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) pflichtversichert sind.
Die SVS ist nämlich seit einigen Jahren zumindest verpflichtet, Beiträge die Scheinunternehmer an sie geleistet haben, bei einer Umwandlung in sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer an die ÖGK zu überweisen.
Stand: Juli 2024