Barrierefreiheit: Grundlagen und Empfehlungen
Was bedeutet Barrierefreiheit in der Hotellerie? Wann ist eine Website barrierefrei und welche gesetzlichen Regelungen gibt es dazu?
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Die Barrierefreiheit ist essentiell für 10 % der Bevölkerung, notwendig für 40 % der Bevölkerung und komfortabel für 100 % der Bevölkerung, denn von einem hindernisfreien Umfeld profitieren alle Menschen. Mit 01.01.2016 ist das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz in vollem Umfang in Kraft getreten.
Nach dem Behindertengleichstellungsrecht müssen Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, diskriminierungsfrei – also auch ohne Barrieren - angeboten werden. Dies umfasst im Wesentlichen Verbrauchergeschäfte. Darunter versteht man auch Urlaubsreisen oder Essen in Restaurants und Gasthäusern. Somit fallen Gastronomie, Hotellerie, Verkehrsbetreiber, Gesundheitsberufe, Reisebüros etc. auch darunter. Barrierefreie Kommunikation ermöglicht allen Menschen die vollständige Nutzung von digitalen Medien wie auch TV-Inhalten, Internetseiten und Internetangeboten. Dazu gehören z.B. Textalternativen für alle Nicht-Text-Inhalte, Verfügbarkeit aller Funktionalitäten von der Tastatur, Maus und Touchscreen aus, lesbare und verständliche Digitale/Web-Inhalte, Kompatibilität mit assistierenden Techniken (Screen-Reader, Bildschirmlupen etc.), Texte in einfacher Sprache, Gebärdensprachvideos und optionale Untertitel.
Welche gesetzlichen Regelungen gibt es?
Der Schutz gegen Diskriminierung im täglichen Leben ist im Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz geregelt. Das Behinderteneinstellungsgesetz regelt den Diskriminierungsschutz in der Arbeitswelt. Beide Gesetze enthalten keine konkreten Bestimmungen über die Ausgestaltung der Barrierefreiheit. Wesentlich im Bereich der Barrierefreiheit sind über die gesetzlichen Regelungen hinaus Richtlinien und Normen. Diese haben nur Empfehlungs-Charakter und sind grundsätzlich nicht rechtsverbindlich.
Weiterführende Infos
Barrierefreie Websites
Ganz allgemein kann man zusammenfassen, dass Websites für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen sind. Die konkrete Umsetzung von Internetseiten, um diesen Anspruch zu erfüllen, obliegt aber dem Einzelnen. Zur Gestaltung von barrierefreien Inhalten und Services im Netz gibt es empfohlene Richtwerte, jedoch keine genauen gesetzlichen Vorgaben! Um das Web barrierefreier zu machen, hat das World Wide Web Consortium (kurz: W3C) – das Gremium zur Standardisierung der Techniken – die Web Accessibility Initiative (WAI) gegründet. Diese entwickelt Empfehlungen, die als Richtschnur für die Umsetzung von Websites dienen. Diese veröffentlichten Empfehlungen bieten eine Hilfestellung für das Schaffen barrierefreier Webinhalte (WCAG 2.0) und sollten den Internet-Agenturen bekannt sein. Unser ÖHV-Partner, die Internet Agentur ncm.at, hat uns für Sie wichtige Informationen zusammengefasst:
Barrierefrei umgesetzte Websites sind besonders benutzerfreundlich und einfach bedienbar. Daher decken besonders suchmaschinenfreundlich umgesetzte Internetauftritte bereits einen großen Teil der Barrierefreiheit ab wie:
- themenrelevante und gut gegliederte und verständliche Texte;
- Bild-, Link, (PDF-)Datei- und Audio-Beschriftungen;
- Seitentitel, Description, Beschriftung von Design-Elementen, …;
- Website für „Software“ lesbar machen.
Zusätzlich gibt es noch weitere Faktoren, die die Bedienung per Tastatur oder anderen Hilfsmittel ermöglichen, sowie die visuelle Komponente in Bezug auf Farbkontraste und Schriftgröße, welche beachtet werden müssen, um dem Standard einer barrierefreien Website gerecht zu werden. Dabei wird zwischen 3 Stufen der Konformität (A/ AA/ AAA Standard basierend auf W3C) unterschieden. Eine Checkliste für die Einstufung ist am Ende dieses Textes angeführt.
Die Richtlinien richten sich nach vier Prinzipien:
1. wahrnehmbar,
2. bedienbar,
3. verständlich und
4. robust.
1. Wahrnehmbar
Die Benutzer:innen müssen die Webseite wahrnehmen können. Eine gehörlose Person kann Audio-Clips nicht hören, eine blinde Person kann Bilder nicht sehen. Sind solche Elemente ohne weitere Informationen auf einer Webseite vorhanden, ist sie nicht für alle Benutzer:innen komplett wahrnehmbar und das erste Prinzip nicht erfüllt.
Für solche Elemente müssen daher Alternativen angeboten werden:
- Textalternativen - Textalternativen für grafische Inhalte anbieten (korrekte Bildbeschriftung)
- Zeitbasierte Medien - Untertitel für Audio- und Videodateien
- Anpassbar - Inhalt und Struktur trennen, damit Information und „verstehen der Website-Inhalte“ durch Textalternativen bzw. spezieller Software wahrnehmbar ist
- Unterscheidbar - Gute Kontraste und flexible Darstellung (Farben, Schriftgrößen)
2. Bedienbar
Die Benutzer:innen müssen die Webseite bedienen können. Viele Internetnutzer:innen können keine Maus verwenden. Um dieses Prinzip zu erfüllen, muss eine Webseite daher beispielsweise komplett per Tastatur bedienbar sein.
- Per Tastatur zugänglich - Mit der Tastatur bedienbar
- Ausreichend Zeit - Genügend große Timeouts, (beispielsweise bei Verwendung von Bildwechsel)
- Anfälle - Design darf keine Anfälle verursachen (bewegte, blinkende, schrille, laute Elemente vermeiden)
- Navigierbar - Navigationshilfen und Ortsangaben anbieten (Titel, Reihenfolge bei Tastennavigation, Linktexte, Beschriftungen, …)
3. Verständlich
Die Benutzer:innen müssen die Information auf der Webseite und Bedienung verstehen können. Um dieses Prinzip zu erfüllen, muss beispielsweise der Aufbau der Seite so klar wie möglich sein und Texte müssen so einfach wie möglich gehalten werden.
- Lesbar - Definierte Sprache und einfache und verständliche Texte
- Vorhersehbar - Konsistenter Aufbau und gute Selbsterklärbarkeit
- Hilfestellung bei der Eingabe - Eingabehilfen und aktive Fehlervermeidung
4. Robust
Die Benutzer:innen müssen mit verschiedenen Browsern und Hilfsprogrammen auf die Webseite zugreifen können. Um die Kompatibilität zu verbessern muss auf eine korrekte Syntax im HTML-Code geachtet werden.
- Kompatibel - Maximale Kompatibilität mit Browsern und Hilfsmitteln
Checkliste für barrierefreie Websites
Für jeden Nicht-Text-Inhalt sind Text-Alternativen bereitzustellen, so dass er in eine andere von Menschen erforderliche Form (Großschrift, Braille, Sprache, Symbole, einfachere Sprache) geändert werden kann.
Für Audio-und Videodateien (zeitgesteuerte Medien) sind Alternativen bereitzustellen.
Inhalte sind so zu gestalten, dass diese auf verschiedene Weise ohne Verlust an Information oder Struktur (wie einfacheres Layout) präsentiert werden können.
Erleichtertes sehen und hören der Inhalte, einschließlich des Vorder-und Hintergrunds, soll für die Nutzer:innen ermöglicht werden.
Das Ausführen aller Funktionalitätenper Tastatur ist sicherzustellen.
Nutzer:innen sollen ausreichend Zeit haben, um Inhalte zu lesen und zu verwenden.
Inhalte sind so zu gestalten, dass keine epileptischen Anfälle ausgelöst werden.
Orientierungs-und Navigationshilfen sowie Hilfen beim Auffinden von Inhalten sind bereitzustellen.
Texte sind lesbar und verständlich zu gestalten.
Webseiten sind so zu gestalten, dass Darstellung und Funktionsweise voraussagbar ist.
Zur Vermeidung und Korrektur von Fehlern sind unterstützende Funktionen bereitzustellen.
Die Kompatibilität mit Benutzeragenten einschließlich assistierender Technologien ist sicherzustellen.
Die durchgängige Implementierung von Websites auf Konformitätsstufe AAA wird in der WCAG 2.0 Richtlinie nicht gefordert, da es bei manchen Inhalten nicht möglich ist, alle Erfolgskriterien auf Level AAA zu erfüllen!
Es gibt einige Prüftools für Selbsttests. Mit diesen Tools können Sie Ihre eigenen Websites Tests unterziehen:
Mögliche Rechtsfolgen
Das Behindertengleichstellungsgesetz ist eine zivilrechtliche Vorschrift. Der Schaden, den eine diskriminierte Person nach dem BGStG erlitten hat, ist auf zivilrechtlichem Weg einzuklagen.
Kommt es infolge einer von einer behinderten Person behaupteten Diskriminierung wegen dieser Behinderung zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, ist im BGStG vor Einschaltung der Gerichte ein verpflichtend durchzuführendes Schlichtungsverfahren (kostenfrei) beim Sozialministeriumservice vorgesehen. Das Schlichtungsverfahren soll allen Beteiligten eine rasche, kostengünstige außergerichtliche Streitbeilegung ermöglichen. Zur Unterstützung kann im Rahmen der Schlichtung eine Mediation als alternatives Konfliktlösungsinstrument kostenfrei in Anspruch genommen werden. Erst wenn im Schlichtungsverfahren keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, steht Antragsteller:innen der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen.
Stand: Oktober 2022