Generationenwechsel – Mehr als Selbstverwirklichung
In Österreich sind 70–80 % der Hotels Familienbetriebe. Diese beeindruckende Zahl unterstreicht die enorme Bedeutung von familiengeführten Unternehmen für die österreichische Hotellerie, insbesondere im Segment kleiner und mittelgroßer Betriebe. Sie sind das Rückgrat der Branche, geprägt von Tradition, persönlichem Engagement und regionaler Verwurzelung.
Was zeichnet Familienunternehmen aus?
Familienunternehmen stehen für enge persönliche Bindungen und eine langfristige Planung. Der Fokus liegt nicht allein auf kurzfristigen Gewinnen, sondern auf der Weitergabe von Werten und Traditionen an die nächste Generation. Unternehmer identifizieren sich stark mit ihrem Betrieb, was eine besondere Verantwortung schafft – sowohl gegenüber Mitarbeitern als auch Gästen. Diese Identifikation führt zu einer einzigartigen Verbindung von Beruf und Privatleben, die für viele Hotelbetriebe charakteristisch ist.
Die Übergabe: Ein Balanceakt zwischen Tradition und Zukunft
Jede Betriebsübergabe ist individuell und weit mehr als ein rein rechtlicher oder steuerlicher Prozess. Sie ist zutiefst emotional und fordert die Beteiligten auch auf zwischenmenschlicher Ebene.
Eine Betriebsübergabe in der Familie erfordert sorgfältige Planung, klare Kommunikation und die Berücksichtigung sowohl wirtschaftlicher als auch emotionaler Aspekte.
Nachfolge: Mehr als Selbstverwirklichung
Bei einer gelungenen Nachfolge geht es nicht um die Selbstverwirklichung des Einzelnen, sondern um die nachhaltige Weiterentwicklung des Unternehmens für die nächste Generation. Der Übernehmer, der zum Unternehmer wird, sollte seine eigenen Ideen und Visionen einbringen – jedoch immer im Sinne des langfristigen Erfolges für das Hotel. Persönlicher Stolz darf dabei keine treibende Kraft sein; im Mittelpunkt steht das Wohl und der Fortbestand des Betriebs.
"Die beste Nachfolge entsteht dann, wenn sich Tradition und Innovation die Hand reichen – wenn die jüngere Generation ihre Ideen einbringt, aber dabei immer das große Ganze im Blick behält.", so Brunner, Leiterin des ÖHV-Campus.
Nachfolge als Schlüssel zur langfristigen Zukunftssicherung
Eine gelungene Nachfolgeregelung sichert den langfristigen Erfolg eines Unternehmens, unabhängig von der Person, die es führt. Es ist legitim, wenn eine Generation der Familie aussetzen möchte und in dieser Zeitspanne ein externer Geschäftsführer das Steuer übernimmt. Oft ergibt sich später wieder eine Möglichkeit, dass jemand aus der Familie die Führung übernimmt. Entscheidend ist, dass die geeignetste Person – ob aus der Familie oder von extern – mit Leidenschaft die Führung übernimmt.
Simon Sineks "Das unendliche Spiel" vermittelt die Idee, dass erfolgreiche Unternehmen nicht auf kurzfristige Gewinne, sondern auf langfristige Visionen und nachhaltiges Wachstum setzen sollten. Statt das „Spiel zu gewinnen“, geht es darum, im „unendlichen Spiel“ der Wirtschaft innovativ und anpassungsfähig zu bleiben, um kontinuierlich Werte zu schaffen und relevant zu bleiben.
Es geht darum, das Spiel so zu spielen, dass es nie endet – durch kluge Entscheidungen und eine klare Zielsetzung, die den Fortbestand über Generationen hinweg sichert.
Persönliche Empfehlung
Die Schlüsselbotschaft lautet: Eine gut geplante Nachfolge ist essenziell, um die Werte und den Erfolg eines Familienunternehmens nachhaltig über Generationen hinweg zu sichern.
Mit einer klaren Vision, respektvollem Umgang und einer strukturierten Übergabe können Familienbetriebe weiterhin das Rückgrat der österreichischen Hotellerie bilden – und so ein „unendliches Spiel“ spielen, das auf Beständigkeit und Erfolg ausgelegt ist.
Wie soll eine Betriebsübergabe in der Familie vorbereitet werden?
Eine Betriebsübergabe in der Familie erfordert sorgfältige Planung, klare Kommunikation und die Berücksichtigung sowohl wirtschaftlicher als auch emotionaler Aspekte. Hier sind die wichtigsten Schritte, um den Übergabeprozess erfolgreich zu gestalten:
1. Frühzeitige Planung
Die Nachfolge sollte rechtzeitig geplant werden – idealerweise mehrere Jahre vor dem geplanten Übergabezeitpunkt. Das gibt allen Beteiligten die nötige Zeit, sich auf die Übergabe vorzubereiten und mögliche Herausforderungen zu lösen.
Tipp: Ein langfristiger Plan schafft Sicherheit und Klarheit, sowohl für die Familie als auch für Mitarbeiter und Partner.
2. Rollen und Erwartungen klären
Es ist wichtig, die Erwartungen aller Beteiligten zu besprechen:
Wer möchte die Verantwortung übernehmen?
Welche Aufgaben, Rollen und Verantwortungen sollen an wen übergeben werden?
Wie sehen die jeweiligen Vorstellungen zur Weiterführung des Unternehmens aus?
Diese Gespräche verhindern Missverständnisse und schaffen eine gemeinsame Basis für die Zukunft.
3. Fachliche und persönliche Vorbereitung des Nachfolgers
Der Übernehmer sollte frühzeitig die nötigen Qualifikationen erwerben und Erfahrungen sammeln, bevor er oder sie die Leitung des Familienbetriebs übernimmt. Dazu gehören:
Externe Führungserfahrung: Es ist ratsam, dass der Übernehmer zunächst in anderen Unternehmen Führungspositionen einnimmt. Diese Erfahrungen helfen, ein breites Verständnis für Unternehmensführung zu entwickeln und Kompetenzen unabhängig vom Familienbetrieb aufzubauen.
Fachliche Schulung: Kenntnisse in Finanzen, Betriebswirtschaft und der Branche sind essenziell.
Mentoring durch die Vorgänger: Ein enger Austausch mit den bisherigen Führungskräften ist wichtig, um deren Wissen und Erfahrung zu übernehmen.
Erfahrung im Familienbetrieb: Nach externer Praxis kann der Übernehmer gezielt in den Familienbetrieb integriert werden, um die Besonderheiten und Abläufe kennenzulernen.
Diese externen Erfahrungen stärken nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern geben dem Übernehmer auch die Sicherheit, eigene Ideen einzubringen und souverän zu führen.
4. Einbindung der gesamten Familie
Auch Familienmitglieder, die nicht aktiv im Unternehmen tätig sind, sollten in den Übergabeprozess einbezogen werden, insbesondere bei Entscheidungen zu Eigentum, Geschäftsanteilen oder Ausschüttungen. Klare Absprachen und schriftliche Regelungen verhindern spätere Konflikte.
5. Steuerliche und rechtliche Aspekte regeln
Die Übergabe muss aus rechtlicher und steuerlicher Sicht optimal vorbereitet werden, um unnötige Belastungen zu vermeiden:
- Übertragungsverträge
- Steueroptimierung (z. B. Nutzung von Freibeträgen oder Nachfolgeregelungen)
- Klärung der Unternehmensform und Anteile
Hier ist die Zusammenarbeit mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren unerlässlich.
6. Emotionalen Aspekten Raum geben
Eine Betriebsübergabe ist nicht nur ein wirtschaftlicher Prozess, sondern auch ein emotionaler. Für die Übergeber bedeutet die Abgabe des Lebenswerks oft einen Einschnitt, der gut verarbeitet werden muss. Gleichzeitig kann der Übernehmer Druck spüren, den Erwartungen gerecht zu werden.
Tipp: Offenheit und Respekt im Umgang miteinander sind entscheidend, um Spannungen zu vermeiden.
7. Tradition mit Innovation verbinden
Die neue Generation sollte nicht nur die Traditionen bewahren, sondern auch eigene Ideen und Innovationen einbringen, um das Unternehmen weiterzuentwickeln. Dabei ist es wichtig, stets das Wohl des Unternehmens im Blick zu behalten – es geht nicht um persönliche Selbstverwirklichung, sondern um nachhaltigen Erfolg.
8. Klare Übergangsphase definieren
Die Übergabe sollte als Prozess gestaltet werden, nicht als einmaliger Akt. Eine schrittweise Übergangsphase erleichtert es dem Nachfolger, in die Rolle hineinzuwachsen, und gibt dem Vorgänger die Möglichkeit, weiterhin unterstützend zur Verfügung zu stehen.
9. Kommunikation mit Mitarbeitern und Partnern
Eine offene und transparente Kommunikation mit Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden ist essenziell. Sie sollten frühzeitig über den Übergabeprozess informiert werden, um Vertrauen und Stabilität zu gewährleisten.
10. Externe Unterstützung nutzen
Nachfolgeexperten, Mediatoren oder Mentoren können helfen, den Übergabeprozess strukturiert und konfliktfrei zu gestalten. Eine neutrale Perspektive kann dabei oft wertvolle Impulse liefern.
Fazit
Eine gelungene Betriebsübergabe in der Familie erfordert eine Balance zwischen Tradition und Veränderung. Durch externe Führungserfahrung, klare Planung, offene Kommunikation und gegenseitigen Respekt kann die nächste Generation das Unternehmen zukunftssicher übernehmen und langfristig erfolgreich weiterführen.